Die Google-Suche ist kaputt, und das sage ich nicht leichtfertig

Ich bin früh dran mit dem „lag ich 2023 richtig?“, aber nachdem ich über lange Jahre zwar den Googlehass zu einer Kernkompetenz entwickelt habe, aber gern und wiederholt für die „Aber Suche können sie!“-These eingestanden bin, muss ich mich inzwischen korrigieren: nein, können sie nicht mehr. Und leider lag ich in mehrfacher Hinsicht richtig: bei Google weiß man heute nicht mehr, wie ihr Kernprodukt eigentlich funktioniert und man kann es auch nicht mehr aussteuern oder verbessern. Und das ist schlecht. Also, richtig schlecht, und ich ahne, dass das Netz dadurch nochmal deutlich beschissener wird.

Im Sediment stecken die Webseitenbetreiber.

Was bringt mich auf das schmale Brett? Die These vertrete ich schon eine Weile, aber so das „Verdammt, es stimmt“ war letzte Woche beim Lesen hiervon. Anders als die Überschrift suggeriert, gehts weniger um ein „Google-Update kommt, die und die Qualitätsmerkmale werden gewichtet“, sondern das Eingeständnis einiger prominenter Google-Verantwortlichen, dass sie bekanntermaßen gute, hilfreiche Seite nicht adäquat einranken können und auch nicht wissen, ob und wann das je wieder möglich sein wird. Ein so unverklausuliertes wie nur denkbares „Euer Zeug ist gut, wir würden das gern in der Suche entsprechend auffindbar machen, aber wir kriegen es nicht hin. Wir wissen auch nicht wann, macht besser erstmal irgendwas mit Holz, weil mit euren Webseiten wirds erstmal nichts mehr, tut uns allen sehr leid.“

Ich meine, was? Also Was? zum? Fick? Fucking Danny Sullivan sagt allen anwesenden Akteuren, deren Inhalte im Orkus verschwanden, dass das Problem bei Google liege? Dass anhand dieser konkreten Seiten der Algo debugged werde, aber trotzdem keine Hoffnung für eine Lösung durch die kommenden Updates bestehe? Gleichzeitig bestreitet ein „Chief Search Scientist“, dass Seiten überhaupt sitewide runtergerankt werden könnten, vor einem Panel aus Leuten, die eingeladen wurden, weil ihre Seiten sitewide runtergeranked wurden? Pandu Nayak verkündet, dass ein lebendiges Web-Ökosystem die treibende Kraft für Google sei, dass es einen Haufen großartiger Inhalte im Netz gebe, die sie aber in der Suche leider nicht ausspielen und das sei eben das Ergebnis der „unglücklichen Situation, in der wir hier arbeiten“, und dass sich deswegen wahrscheinlich auch nichts ändert?

Seit 2013 ists irgendwie nicht mehr dasselbe.

Seit 2013 ists irgendwie nicht mehr dasselbe.

Ich habe selten so eine vollständige Bankrotterklärung in Bezug auf das eigene Kernprodukt gelesen. Und das von namhaften Leuten und Sprachrohren des Unternehmens, nicht etwa via einem frustrierten, anonymen Word of Mouth eines „mit der Sache vertrauten Angestellten“. Währenddessen fällt man bei Google auf Spammer rein, die AI-generiert Halloweenparaden erfinden, und lässt tausende Leute antanzen. Bei Maps wird die AI beauftragt, die lokalen Businessinfos mit anregenden Tipps anzureichern, weil what could possibly go wrong, und unser einziges Glück hier in .de ist, dass wir nur an sechs Ads vorbeiscrollen müssen und nicht noch auch an einer AI-generierten Antwort. Aber wir wissen ja, This too shall pass.

Wenn ich das suche, will ich das ja vielleicht auch finden?

Wenn ich das suche, will ich das ja vielleicht auch finden?

Nun bin ich ja nicht grundsätzlich technikfeindlich, aber wenn das Kernprodukt grade offenbar irreparabel kaputt zu sein scheint und man nicht weiß, wie man das in Ordnung bringt… wäre es da nicht sinnvoll, Prioritäten zu justieren? Und damit meine ich nicht ein „Weißt du was? Wir zeigen dir einfach mal Zeug ohne deine Suchanfrage, wenn wir das Zeug mit deiner Suchanfrage nicht vernünftig sortiert kriegen, Deal?“ Nun wechselte Google vor Kurzem den Chef der Suche aus, und wisst ihr was? Während der bisherige Chef sowohl Chef von Suche und Ads (…ein Schelm…) war, ist der neue Chef der Chef von Suche, Ads und …wait for it!, „Commerce“! Und war federführend in der Entwicklung von Googles „AI Roadmap“. Weiterlesen

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Warum sehe ich schlechte Werbung?

HP-Drucker? HA HA HA! Fickt euch!

HP-Drucker? HA HA HA! Fickt euch!

Wenn die Datenkraken mich allenthalben durchleuchten und profilen, müsste die Werbung, die ich sehe, super zu meinen Interessen passen, alles andere wäre ja Blödsinn und Geldverbrennung. Das leuchtet zwar ein, ist aber falsch, und jeder Webseitenbesuch ohne Adblocker belegt das aufs Anschaulichste. Folgendes einige Betrachtungen über den erbärmlichen Zustand von Display-Marketing, die möglicherweise als zweiter Teil des meiner Ansicht nach gut gealterten Infopieces „Warum sehe ich diese Werbung?“ durchgehen könnten. Getriggert hatte mich schlussendlich der geschätzte Blognachbar mit einer sich entwickelnden Diskussion, die im Fedi ein wenig eingeschränkt führbar war.

Folgendes weniger ein „Es ist alles scheiße“/“Die Lösung wäre $x“, sondern ein Erklärbär dahingehend, warum das alles so ist, wie es ist und die einfachen Lösungen meiner Ansicht nach nicht auf ein komplexes Problem passen. Wem was bekannt vorkommt: irgendwann mittendrin fiel mir auf, dass vieles bereits 2019 recht treffend und unverändert aktuell von apenwarr diagnostiziert wurde. Dass die Situation fünf Jahre später nach DSGVO, 1stPartyCookie-Phaseout etc. keine andere ist, scheint mir auch irgendwie bezeichnend. TL,DR: ich seh das Grundproblem weniger bei den Datenkraken/Trackern, sondern den Display-Werbern, Pareto, Zeit- und Ressourcenknappheit(!) und einer gewissen kapitalistischen Logik.

Gnadenlose Selbstdarstellung! Ruppsel hat irgendwann in den Nullern mal festgestellt, dass er eh ne öffentliche Person im Netz und alles zu spät ist. Seitdem bin ich ohne Adblocker unterwegs, surfe in Google und FB dauerangemeldet in der Gegend rum, nutze beide auch zum Anmelden woauchimmer, erzähle allen, die es wissen wollen, dass ich Alkoholiker bin, welche Bücher ich lese, vom Faible für Fickschafe und Strafschnuller, dass ich Palettenmöbel baue, wo ich arbeite und warum es kein Problem ist, da mit einer Depressionsdiagnose im Netz zu stehen, dass ich mal CDU wählte und einen Pilz am Penis hatte, himmel, wenn man sucht, sogar Vorladungen, Strafanzeigen und ihre Einstellungsgründe, das Netz vergisst doch nicht soviel, wie man denkt, ich schweife ab, auf was ich rauswill: man müsste mir hervorragend, ja geradezu ideal personenbasiert Werbung anzeigen können.

Nun waren wir zwei Wochen in Rhodos, gucken abends angemeldet und mit jahrelang ungelöschter YouTube-History auf dem iPad deutsche Lets Plays und was passiert: wir kriegen griechische Knorr-Werbung. Eben will ich auf der Homekiste nachsehen, ob sich Spuren finden und was wird mir per Display reingehauen? Verdammte Adobe KI/PDF-Lösungen.

Wenn mein Klick Adobes Geld zu Google schiebt, dann klick ich gerne.

Wenn mein Klick Adobes Geld zu Google schiebt, dann klick ich gerne.

Fucking Adobe sollte doch bereits Jahre von User-Agent-History meinerseits archiviert haben mit „Ubuntu; Linux x86_64“, die mich als Kernzielgruppe nachhaltig ausschließen (drin bevor Webdienst). Was soll diese Scheiße? Google weiß, dass ich Deutsch und Englisch (UND KEIN GRIECHISCH!) kann…

Ruppsel, laut Google 10/2024

Ruppsel, laut Google 10/2024

…seit Jahresanfang warum auch immer kein Niederländisch mehr (konnte ich nie), außerdem soll ich 2024 irgendwann geheiratet haben (hab ich nicht), an der Uni war ich nicht mehr, aber ein Haus hätte ich gekauft… mal ganz im Ernst: WAS ZUM FICK? Weiterlesen

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George R.R. Martin: Fiebertraum und Armageddon Rock

Irgendwann dachte ich, es heißt ja, dass Martin auch jenseits des Lieds von Eis und Feuer gute Bücher geschrieben hatte, und weil es sowohl Armageddon Rock als auch Fiebertraum ganz normal illegal als Warez gibt, dachte ich, lies mal. Beide Bücher sind klasse und wer sich vom Inhalt angesprochen fühlt, klare Leseempfehlung.

Armageddon Rock rockt. Sehr. Eine Liebeserklärung an die Sechziger/Siebziger, ein Roadmovie, ein apokalyptisch/schwarzmagisches Bandspektakel, Sex, Drogen und Rock’n Roll. Eine Kultband der Vergangenheit wird reanimiert, obgleich ihr charismatischer Sänger tot ist. Der Ersatz stellt sich als beunruhigend ähnliche junge Version des Originals heraus, dem halt nur etwas fehlt. Ich spoiler mal nicht allzuviel, aber dass das Fehlende mit der Zeit dann doch dazukommt, macht das die Situation nicht einfacher. Armageddon Rock riecht nach Gras und Kippen, nach Bier und Schnaps und irgendwann auch nach Blut, es ist laut, dreckig und geil. Wer je eine Klampfe in der Hand hatte und einen Regler auf zehn drehte, sollte seine Freude dran haben. Und um einen ganz ungewöhnlichen Schlenker zu machen: ich glaube auch, alle, die Pratchetts „Rollende Steine“ mochten. Es ist ein ähnliches Thema, wenngleich ein komplett anderes Stück, aber mir kams das eine oder andere mal in den Sinn beim Lesen in einer ganz und gar nicht unangenehmen Art, aber YMMV.

Hier wie auch im Folgenden: Der Schluss ist das einzige, wo ich mir irgendwie ein wenig mehr gewünscht hätte, aber hey, Jammern auf hohem Niveau.

Fiebertraum. Vampire auf Schaufelraddampfern des Missisippi im 19. Jahrhundert.Ein Kapitän bekommt durch einen dubiosen Partner die Möglichkeit, den Raddampfer seiner Träume zu bauen und mit ihm auf dem Missisippi zu fahren. Der Dampfer wird gebaut, „Fiebertraum“ genannt und nimmt seine Fahrten auf. Weiterlesen

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News Reach Con, State of News SEO, ein paar Augenöffner

Wir sind mit dem SEO-Outreach unserer News-Sektion nicht so wirklich glücklich, was liegt also näher, als eine News-SEO-Konferenz mitzunehmen, die zufällig quasi vor der Haustür stattfindet? Ich hatte die Befürchtung, dass es halt viel gängigen SEO-Konferenzen-Effekt hat: man hat sich zwei Drittel der Zeit rückversichert, dass man nach wie vor auf dem Stand ist, und vom Rest dann halbehalbe „Oh, exploitable“ oder „Oh Himmel, was für ein Schwachsinn“, aber holla, lag ich falsch. Größere Eindrücke vorweg, Manöver/Inputkritiken folgen.

Gero Wenderholm tritt amtlich Hintern

Gero Wenderholm tritt amtlich Hintern

Seit heute bin ich ein Fan von Gero Wenderholm. Ich weiss nicht, was ich für eine Keynote erwartet hatte, aber ganz sicher nicht diese. Nachhaltiges Marketing, und oh boy, der Mann wäscht einem so nachhaltig den Kopf, dass es zumindest mir eine Freude ist. Ich reg mich ja immer mal wieder über gewisse Defizite in Sachen gesellschaftlicher Verantwortung unserer Branche auf, und dann steht da vorn dieser Mann und stellt fest, dass Onlinewerbung eine Belästigungsmaschine ist, im RL würden wir eingesperrt für den Scheiß, den wir im Netz treiben, unsere Branche hat einen höheren CO2-Ausstoß als der Flugverkehr, es ist alles zum Kotzen ineffizient, und wir haben noch nicht mal über KI gesprochen. Zu dem Zeitpunkt brauchte ich keinen Kaffee mehr und fühlte mich so dermaßen abgeholt, wie man es auf einer derartigen Veranstaltung auch nur sein kann.

Sein Statement in extremer Kürze: es wird zuviel und vor allem zuviel Müll geballert. Das ist ein Problem der Marketer, aber auch der Publisher. In der Verantwortung sind aber auch und grade die „SEOs“, die jetzt nochmal mehr (KI-gespinnten) Müll ins Netz ballern, um sich gegen die (KI-gespinnten) Müllfluten der werten Kollegen durchzusetzen.

Die Agenda ist hier irgendwo dahinter.

An ein „Lasst den Scheiß“ kann ich mich vollumfänglich anschließen, spannend fand ich das Statement, dass viele seiner erfolgreichsten Optimierungsprojekte Themenreduktionen waren: Profile schärfen, sich auf die Inhalte konzentrieren, auf die es ankommt, die und nur die so gut wie möglich machen. Und ja, man muss es natürlich druntertackern: nachhaltiger wie SEO ist keine andere Marketingform.

Nach dem Eingangslob gleich mal der Diss an die Veranstalter (den sie nicht verdient haben, weil alles andere war wirklich völlig angenehm und charmant): unter diesem Gesichtspunkt kann man auch mal die Veranstaltungsagenda hinter dem QR-Code betrachten. „Zuviel Müll ballern“ kann man nicht nur mit KI, dazu reicht auch eine Auslieferung des Konferenzprogramms via Adobe. Auf dem iPhone sieht das dann original so aus.

Aber die großen Bögen. Ich halte mich nach wie vor nicht für den großen Netzwerker, es mag vor allem an der architektonisch charmanten Terrassenlösung der Location sowie der Nikotinsucht auf meiner und der Seite einiger spannender Menschen liegen, dass es zu einigen erhellenden Gesprächen kam. Weiterlesen

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Die Ringe der Macht: Team Sauron (mit Bonusinhalt)

Man beginnt zu verstehen, wie man auf die Idee kommen kann, ganz Mittelerde zu beherrschen und die dort ansässigen Völker grausam unterjochen zu wollen, wenn man die zweite Staffel „Die Ringe der Macht“ guckt. Im Übrigen bringt Sauron die einzige einigermaßen erträgliche schauspielerische Leistung aufs iPad, aber auch ungeachtet dessen kann man den Untergang Numenors, das Zerbrechen der letzten Bünde, die Kompromittierung der Menschen und das Schwinden der Elben kaum erwarten, wenn man sich mit dieser Verhunzung beschäftigt.

Man könnte sich nun länger über die unsägliche Hobbitstory verbreiten, die der unergründlichen Entscheidung der Götter geschuldet ist, Istari als leider von vollständigem Gedächtnisverlust geplagte Helfer im Kampf gegen den Schatten nach Mittelerde zu schicken, über die drei Palasträume, mit denen der Glanz Numenors auf der Höhe seiner Macht von jedem Stückchen Stuck Gondors im Dritten Zeitalter in die Tasche gesteckt wird. Über Elben, denen man allen grundsätzlich direkt eine aufs Maul geben will, sobald sie selbiges aufmachen, und wenn die Kackbratze fragt warum, dann gleich nochmal. Es ist alles vollkommen zum Kotzen, und das schlimmste ist, das müsste es nicht mal sein.

Denn das einzige, was auch nur ansatzweise interessant an der ganzen Geldverbrennungsmaschine ist, das sind die Orks und ihr Anführer Adar. Und tatsächlich sind die auch die einzige Fraktion, wo es keine Rolle spielen dürfte, mit was für Auflagen die Tolkien-Erben die Serie nun gestraft haben. Denn man kann sagen, was man will, die Orks haben bei Tolkien halt grundsätzlich verloren. Weniger Chancen als ein Typ in einem Song von Bruce Springsteen, und das nur, weil vor irgendwas um die zehntausend Jahre Morgoth ein paar Elben „verdorben“ hat. Seitdem ist das offenbar alles genetisch versaut, kann durch Prügel alleine nicht mehr korrigiert werden und ist vom Angesicht der Erde zu tilgen, wann immer man drauf stößt: das sind zehntausend Jahre Kulturgeschichte der Orks according to the great, late J.R.R.T., und so stehts halt kanonisch geschrieben. Und dann ists halt so, moment, nein!, denn in unserer aktuellen Serienstaffel wird auf alles kanonische ja gepflegt ein großer, toter Götz von Berlichingen gegeben. Warum mal nicht an der einen Stelle wirklich gepflegt auf den Kanon scheißen, wenns denn die Geschichte düngt?

Geschichte, von den Verlierern geschrieben

Geschichte, von den Verlierern geschrieben

Denn das bringt mich zur Bonusinfo. Dass die Orks so scheiße wegkommen bei Tolkien, das kann man natürlich auf Tolkien schieben. Man kann aber auch ganz historisch konstatieren, dass im dritten Zeitalter Elben und Menschen eben gewonnen haben und die Gewinner, wie mans so kennt, natürlich auch die Geschichte schreiben. Entsprechend schlecht kommen die Verlierer weg und entsprechend interessierts auch kein Schwein, wenn irgendwann irgendwo mal eine Orkmama ihr Orkbaby knuddelt (die einzige Szene der Serie, bei der ich sowas wie Anteilnahme verspürte bislang). Weiterlesen

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Fünfzehn Minuten Ruhm dank Sense plus Daumen

Was ist blau und stört beim Tippen?

Was ist blau und stört beim Tippen?

Vorab: alles gut verheilt, Genesungswünsche liegen in ausreichendem Maß vor. Vor einigen Wochen senste ich mir die Strecksehne am rechten Daumen durch und bin im Nachhinein trotz eines beruflichen Hintergrunds in Sachen Wundversorgung doch etwas erstaunt, was das alles an Geschichten und Erfahrungen diversester Art nach sich zog und dachte, ach, schreib mal auf. tl;dr: Verletzungs-/Verarztungsgeschichte, Mehrfachverwertung der Folgen, Erfahrungen und Beobachtungen, weiter ein paar Covidioten und eingestreute Selbstwirksamkeitsüberlegungen, weil hey, Selbstwirksamkeit!

Das Ganze fängt prinzipiell mit meiner teilzeitlandwirtschaftlichen Prägung an, aber besser im ersten Coronasommer, als ich den Homeoffice-Koller abends mit der Grundsanierung eines Brombeerdschungels zwischen Mirker Bahnhof und Gepäckabfertigung auf Utopiastadt bekämpfte. Seitdem ist da ein Grünstreifen mit etwas Obst, Wein und Wiese, für den ich mich seitdem ein wenig zuständig fühle. Und nachdem ich zwar ein Faible für schweres Gerät habe und der Freischneider ein machtvolles, erhabenes Werkzeug ist, mit dem man die Materie dem eigenen Willen unterwerfen kann – 98dB neben Fahrradtrasse und Gastronomie muss nicht sein, Ruppsel hatte seit Jugendzeiten eine Sense in der Hand, eine Sense muss her. So zweimal im Jahr wurde sie seitdem geschwungen und zwischenrein gewetzt, und dann kam der Wonnemonat Mai 2024, Ruppsel packt die Sense aus, setzt den Wetzstein an und beim zweiten Zug rutscht er an einer Scharte ab und zieht sich das Gerät einmal quer über den Daumen. Kein Halm gesenst, aber holla, glatter Schnitt. Weiterlesen

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Wikipedia, das deutsche Wissenschaftssystem und ein paar Selbstwirksamkeitsüberlegungen

Im Fedi schubste mich Jonas letztens
a) auf den Gedanken, die Wiki brauche mehr (wissenschaftliche) Strukturen für die Qualitätssicherung, auf einen
b) FAZ-Artikel zum Thema Relevanz von Autoren und den harten Bandagen auf WP-Diskussionsseiten, (dessen Autor ich anschließend etwas unverdient grob anfasste, sorry, Johannes), sowie auf
c) die BIE, ein bewundernswertes Projekt namens „Bamberger Islam-Enzyklopädie“, wo das Wikipedia-Portal Islam in einer mir völlig beispiellos scheinenden Kooperation von Wiki und universitären Strukturen auf höchstem Niveau gepflegt wird.

Feines-Projekt-Inception

Jonas wünschte sich mehr von sowas, mir würde das auch gefallen, und warum gibts nicht mehr davon? Man könnte wen fragen, der sich auskennt. Ich fragte Patrick Franke, der das ganze an der Uni Bamberg bwz. in der Wikipedia hochgezogen hat, wir erhielten eine Latte Antworten, Anregungen und kluger Gedanken, und lesen lassen die sich auf dem Wikipedia-Kurier bzw., wenns da mal von der Startseite fiel, im Volltext nebenan. Ich fühl mich nun klüger und handlungsfähiger und möchte mich dafür sehr bei ihm bedanken. Überhaupt machen solche „a führt zu b triggert c und auf einmal entsteht was tolles“-Erlebnisse das Netz und die Welt als solche zu einem großartigen Ort.

Wenn sich eine hochkompetente Person wie PaFra zum Thema „Vernetzung von Wissenschaftsbetrieb und Wikipedia“ äußert, tu ich gut daran, die Klappe zu halten und zuzuhören. Sich hinterher Gedanken über eigene Optionen, Anschlussmöglichkeiten und Motivlagen zu machen, scheint mir aber eine sinnvolle Anschlussbeschäftigung, daher: ein paar subjektive Gedanken und Anregungen dazu.

Die von PaFra angesprochenen Schwierigkeiten mit den diversen Wikipedia-Regelwerken kann ich durchaus nachvollziehen. Für meinen Teil komme ich besser damit zurecht, seitdem ich das als eine Art „Demokratisierung der Wissensorganisation“ verstehe. Im Kontext des von ihm ebenfalls angesprochenen Wissenschaftstransfers und seiner vermehrten Einforderung auch von Länderseite gehen da bei mir gleich ein paar Win-Win-Win-Lampen an. Weiterlesen

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koks.digital 2024, welcome back

koks.digital 2024, Social SEO 1 (ok)

koks.digital 2024, Social SEO 1 (ok)

Doch schon acht Jahre, dass ich über die erste koks.digital bloggte. Seitdem war ich auf jeder koks und freu mich, dass nach einer verlängerten Coronapause nun die Nummer 4 folgte. Wieder in Rotunde und Gleis 9 in Bochum und wieder eine interessante Mischung an Akteuren/Institutionen aus der Online-Marketingwelt und angrenzenden Dimensionen sowie der damit einhergehenden Horizonterweiterung. Und dafür, dass halt auch ein altersbedingter „Familientreffen“-Aspekt da mehr und mehr bei mir reinspielt, ich hab mich auch fleißig in die Infodruckbetankung gesetzt. Sehr tl;dr: die „ich bin auf dem Stand und wir machen alles gut“-Komponente nahm großen Raum ein (normal bei einer nicht extremspeziellen Konferenz) und trotzdem erstaunlich viele Glühbirnenmomente. Der einen und anderen Art, looking at you, Microsoft.

Social SEO. Kim Adamek sprach über die wachsende Zielgruppe, die zwar sucht, aber kein Google dafür nutzt. Nicht mein Leib/Magenthema und zum Glück nicht meine Baustelle, denn der Kontext der Suchen ist in der Regel Locations, Events, Lifestyle. ich schaute es mir auch eher mit dem „Verlier das nicht ganz aus den Augen“-Motiv an, mochte aber den Gedanken sehr, dass sich „Suchergebnisse wie Entdeckungen anfühlen“ sollten, was in SoMe natürlich was anderes heißt, aber sich irgendwie auch wie ein Ziel anfühlt, das man einfach mal mitbedenken sollte, wenn man schnöde an Webcontent und Google denkt. Dass man sich ein Problem schafft, wenn man massenhaft Nicht-Zielgruppe zu sich schaufelt, ist auch kein Monopol der clickbait/engagement-verseuchten Social-Algos mehr, da droppte letztens ja diese NavBoost-Geschichte. Alles ist eins, außer der Null.

...tiffim...weeeeeeeeestn...

…tiffim…weeeeeeeeestn…

Anschließend wollte ich eigentlich vor allem wegen der Positionierung zwischen Business und Engagement zum „Castroper Straßenfussball“, aber dann traf ich Jan, der noch wen zum Testen seiner Slides brauchte, und wir sprachen über Tracking, Analytics, Cookiecalypsemetaphern und Konzernpolitik, das Programm konnte entsprechend erst ab 11.00 fortgesetzt werden.

Als ob, morefire, als ob.

Als ob, morefire, als ob.

Bei Sebastian Schnelting (Morefire) holte ich mir dann den ersten Lacher ab, er sprach über Strategien beim Marketing-Mix über Kanäle und Formate hinweg, Budgetierungen für Brot/Butterkampagnen neben experimentellem Kram, und ich sah mich zustimmend nicken beim Verweis auf die gelegentlich auseinandermäandernden Messages auf gekickten Plattformen, besser fokussierbare Schwerpunkte, unter den Tisch fallendes „Wofür das hier, und wissen wir, was ein Erfolg wäre?“ usw. Allein, mich irritierte ein wenig das häufig durchscheinende „was tüte ich genau wo ein?“ denn oft genug erschien es mir eher begründungsbedürftig, warum man Thema X nur auf Plattform Y spielte und nicht eben ein Teaser auf Kanal Z wenigstens noch eben abgeworfen wurde. Heiterkeit, als dann auf Slido mein „Was spricht gegen alles in alle Channels kippen?“ aufschien, aber stellte sich raus, ich hatte die organic- und er die paid-Brille auf. Es ergibt schon alles irgendwie Sinn. Weiterlesen

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Tool in Köln

Ich hab lange Zeit versucht, musiktechnisch einfach weiter im Flow zu bleiben, statt irgendwann bei $lieblingsstil-mit-30 festzustecken, es ist an der Zeit, mir einzugestehen, dass das nicht hinhaute. Es gibt zwei Bands, zu denen komme ich immer wieder zurück, und die andere ist Alice in Chains. Staley ist tot und das ist zum Kotzen, Maynard lebt und wir gingen nach Köln.

Night Verses, Köln

Night Verses, vor Tool in Köln

Für einen Menschenmassenphobiker wie mich war die Arena dort erstaunlich erträglich und das Publikum, wen wunderts, schwerst sympathisch und wild gemischt. Wir kamen ohne Hektik unerwartet auf den letzten Drücker an, denn Night Verses begannen, kaum dass wir am Platz waren. Ich sag mal so: auch bei der Studioaufnahme kriegt man einen Eindruck. Ich dachte bei den ersten Takten witzigerweise, das könnten red sparowes sein, nein. Ähnliche Richtung, wenngleich Night Verses schon ein wenig den Standard neu setzten, was ein Drummer zu durchaus atmosphärischen Leads drunterprügeln kann.

Tja, und Tool. Ja, gigantisch. Unglaublich intensiv, vier Leute, die nicht nur einfach meisterhaft Musik machen können, sondern einem das auch meisterhaft in Hirn und Bauch reinficken. Licht, Video, Performance, alles voll auf die Zwölf.

Tool, Opener in Köln

Tool, Opener in Köln

Handwerklich bin ich nicht auf einem Level, das auch nur ansatzweise zu würdigen, aber dass ich nicht sauer wurde, wieviel verzerrten Bass jemand in nem Set spielen kann, ohne dass es Matschepampe macht und trotzdem oder deswegen reinknallt, lag daran, wie es reinknallt. Was man an Emotion und Wucht in Songs packen kann und dabei keine zwei gleichen Taktarten nacheinander spielt, hat bereits eine leicht wahnsinnig machende Lässigkeit. Zwischenrein ein wenig Analogsynths stecken und ein Drumsolo drüberlegen, und irgendwann musste ich den Unterkiefer halt auch mal wieder hochbewegen, aber was zum Fick. Weiterlesen

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re:publica 24, die analoge Gesellschaft

Ein Blick von außen, denn wie immer seit der dritten r:p war ich nicht da. Beileibe nicht aus fehlender Sympathie, wir brauchen sowas wie die rp und ich bin sicher, ich hätte zahlreiche Menschen dort gern mal wieder getroffen (und ich hoffe, umgekehrt ebenso). Nichtsdestoweniger eine etwas spitze Überschrift und ich will den Punkt ein wenig ausführen: aus der Außenperspektive ist die rp24 ein analoges Meeting einer Latte Wichtiger Personen in Berlin gewesen. Ich sehe das mit einigen Bedauern und das Problem beim Publikum.

Wikipedia zur rp24. Who cares.

Wikipedia zur rp24. Who cares.

Das ist nämlich genau das: ein Publikum. Das zu ner Konferenz geht, sich unterhält und sich unterhalten lässt. Und das mag für viele Events vollkommen in Ordnung sein, aber für eine Konferenz, die sich als Leitveranstaltung einer digitalen Gesellschaft in Deutschland sieht, scheint mir das ein wenig sehr unambitioniert. Eine digitale Gesellschaft kommuniziert digital, sie hat ein Interesse an digitalen Diskursen und allgemeiner Teilhabe an denselben. Sie hält ihre Themen für ausreichend wichtig, um gesellschaftlich (digital) rezipiert zu werden. Anwesende Menschen sind (und verstehen sich als) Teil dieses Diskurses, allein, sie sinds in tragisch dahinschmelzendem Ausmaß.

Das sprach Luca schon während der rp24 an und verwies auf einen Einbruch der Social-Beiträge zu den verschiedenen RPs von über 100k früher(tm) auf „naja, noch vierstellig“ heute, und mir ist das naheliegende „naja, Twitter tot“ ein wenig sehr bequem. Pfeifen im Walde: immerhin war das Fediverse nach vollendeter rp24 der dominierende Kanal.

Katja Everz diagnostiziert dasselbe in allgemeiner, und ich bin geneigt, ihr beizupflichten, allein: von einer re:publica erwarte ich halt das aktive sich-Aneignen alternativer Kanäle, wenn die großen Plattformen die Enshittification auf die Spitze treiben.. Weiterlesen

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