Bereits während meiner Zeit im DTC fiel es mir auf, das kommt gar nicht mehr hin mit dem ganzen Fundamentalismus und dem fanatischen Muslimsein, den traditionellen Familienwerten und mit was weiss ich noch allem. Überall las man von der grünen Gefahr und den bösen Parallelgesellschaften, aber da mußte man sich wirklich anstrengen, die zu finden. Totaler Verfall der klassischen Geschlechterrollen, völlig undogmatische Religionspflege, Engagement und Stadtteilpflege, so kann man vieles bewegen, aber eine vernünftige, traditionelle Parallelgesellschaft kriegt man so einfach nicht hin. Ernsthaft, da begibt man sich in die vielgeschmähte Parallelkultur und findet sich irgendwann mit blonden Türkinnen über Zungenpiercings unterhaltend, das haut doch alles gar nicht mehr hin.
Einzig im Vereinsheim der Grauen Wölfe gings noch einigermassen gesittet zu und waren die Frauen in ihrem Aufenthaltsraum im Keller, wie es sich gehört. Ansonsten wie gesagt, Aufgeschlossenheit bis zum es geht nicht mehr, es war geradezu ansteckend, oder wie soll ich es nennen, wenn ich feststelle, dass ich meinen Büronachbarn für einen der liebenswertesten Menschen hielt, die mir im feindlichen Stuttgart begegnet sind? Religiös zum einen und überzeugtes CDU-Mitglied zum anderen, Herrgott, ich pflege gerne Vorurteile, sie machen das Leben unkompliziert und führen zu amysanten Streitereien, wenn man auf Leute mit dem passenden Humor trifft, und selbst das soll nicht mehr funktionieren? Irgendwann muss die Dekonstruktion doch auch ihr Ende finden. Aber nein. Selbst die Kommunisten müssen wir inzwischen aus Anatolien importieren, so kams mir bei einigen anderen Gelegenheiten vor, weil wir den ganzen sozialistischen Agitations- und Propagandakram selber nicht mehr gebacken bekommen. Da sind bestimmt die Ossis dran schuld, aber seis drum. Anderes Thema.
Ruppsel verschlugs nach Bochum und dort erging er sich dann gelegentlich in Boshaftigkeiten gegenüber den Angehörigen diverser Religionen, wenns die Newslage hergab. Was ist passiert? Nichts. Es ist zum Verzweifeln. Den Mohammed-Dance gebracht, niemanden hats gestört. Die Karikaturen seinerzeit, ok, einige Zofferei, aber wir sind nicht mal auf der Abschussliste der Al Ansar gelandet. Unverblümt dem Islam Humorfreiheit an den Kopf geworfen, Resultat eine Diskussion über gültige Koranübersetzungen. Keine religiös motivierten DDoS-Attacken, und von einer Morddrohung würd ich ja nicht mal zu träumen wagen, wenn ich nicht bereits deren zwei verzeichnen könnte. Aber beide ohne jeglichen religiösen Hintergrund, und nicht mal von Ausländern, geschweige denn von bekennenden Muslimen. Es ist zum Verzweifeln. Letzte Woche kriegte ich das Kunststück hin, einen Text mit nem Bogen einzuleiten, den ich von Rushdies „Satanischen Versen“ zum Verband der britischen Phonoindustrie schlug, aber der Euroislam nimmts gelassen hin, das der Korrupt, der tut nichts, der will bloss spielen, so stell ich mir das vor. Da atmet irgendwie alles derart den Pesthauch westlicher Toleranz und Pluralismusgutfinderei, das ist alles ganz gruselig.
Eine einzige Beschwerde fällt mir ein, wegen einem durchgestrichenen „Allah“-Userpic, und das scheint mir irgendwie trotzdem nur die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt. Den Türken ist nichts mehr heilig in Deutschland, und wahrscheinlich war der sich beschwerende User womöglich auch noch Ägypter oder sonstwas.
Aber warum ich auf das alles komme: weil ich vor einigen Tagen was gar grauenhaftes beim Parteibuch gelesen habe. In Berlin verticken sie jetzt Fischdöner. Der Untergang des Morgenlands steht damit offensichtlich bevor. Da führt man schon einen aussichtslosen Kampf gegen gerollten, salat- und zitronensaftfreien Lahmachun in Deutschland, und dann sowas. Noch schlimmer: das scheint nichtmal eine lokale kulturelle Verirrung zu sein, 637 Ergebnisse findet Google in Deutschland zum Fischdöner.
Das *allerschlimmste*, geradezu groteske: Ich bin keinen Deut besser.
Ernsthaft, an und für sich neige ich zu einem geradezu penetrant-obsessiven „Jeder nach seiner Facon“, gönne den einen ihren Fischdöner, den anderen Bettwäsche mit aufgedruckten Wanzen, den dritten ihre Ewigen Füllmuster und allen Kruppstahldildoleechern auf dem Erdenrund das deutscheste Sexspielzeug der Wahl, ich bin geradezu zum Erbrechen unfundamentalistisch drauf, ich taug definitiv nicht als Vorbild. Das ist per se ja auch nicht schlimm. An und für sich kann ich gut mit diesem fehlenden Fundigetue leben. Aber man liest überall davon! Und wenns jeden Tag in der Zeitung steht, sollt man doch wenigstens was abbekommen können davon.
Alternativ wäre ich natürlich auch mit einer wohl seit Jahren überfälligen Schwerpunktverlagerung der Medienberichterstattung zum Thema einverstanden. Sympathische CDU-Mitglieder türkischstämmiger Herkunft sind nun auch nicht das Thema, das ich unbedingt immer in der Zeitung haben will, aber ernsthaft, den Akin und den Faruk Sen haben wir jetzt alle gelesen, und irgendwas muss jetzt nachkommen, was mal wieder die offensichtliche Normalität darstellt.
Bis dahin aber: Fundamentalismus statt Fischdöner!
„Da sind bestimmt die Ossis dran schuld, aber seis drum. Anderes Thema.“
Du gestehst uns ne Menge zu muss ich sagen *g* Aber fein geschrieben, ich kanns auch nicht glauben, was uns die Medien so schreiben – ber Fischdöner? Ich mag keinen Fisch, ehrlich nicht! Ich bleib beim Gyros vom Griechen an der Ecke gegenüber :)
„Da sind bestimmt die Ossis dran schuld, aber seis drum. Anderes Thema.“
tja wir ossis habens schon nich leicht. wir scheinen ja auch in einer parallelgesellschaft zu leben….