Eine Erklärung las ich vor ein paar Tagen hier, ich zitiere mal auszugsweise, denn ich halte es eher für bedenklich, dass das unter „heutige Situation“ laufen soll. Ich sag gleich was dazu.
„Doktoranden – also Hochschulabsolventen mit überdurchschnittlich guten Studienabschlüssen – üben ihre wissenschaftliche Tätigkeit meist auf Halbtagsstellen aus, arbeiten aber tatsächlich in der Regel mehr als 50 Stunden pro Woche, sagte Richter weiter. ‚Nach dem derzeit gültigen Tarifsystem TVL des öffentlichen Dienstes werden sie dafür nur mit halben Löhnen bezahlt. Dieses Gehalt ist deutlich niedriger als in der Wirtschaft und an vielen Universitäten des europäischen und außereuropäischen Auslandes.'“
Ich trug mich auch schon mit dem Gedanken, ne Promotion zu bauen. Das ist dann in der Soziologie vielleicht nicht ganz clever, wenn man nicht wirklich und unbedingt an der Uni bleiben will, weil da gleich auch das „überqualifiziert, nicht bezahlbar“ zumindest in Berufsbereichen droht, in denen der Titel was mit der Gehaltsstufe zu tun hat. Ich schweife ab. Jedenfalls, vor dem Forschungsprojekt zur Notebook-Uni und bevor ich seinerzeit im DTC anfing, schaute ich auch nach Promotionsstellen Ausschau. Das erste Mal kam der Job dazwischen, aus der Zeit hab ich noch einiges Material und erste Gutachten rumliegen, beim zweiten Mal wurde es nicht konkret. Ein Grund war, dass die einzige thematisch passende und spannende Promotionsstelle, die mir damals über den Weg lief, *gedrittelt* war. GEDRITTELT. Ich sag nicht, wo, aber es war eine süddeutsche Uni mit regionalen Lebenshaltungskosten, die entsprechend waren. Ohne Unterstützung von außen oder gar Nebenjob wäre das schlicht nicht gegangen, und Nebenjob kann man auch mit einer Drittel-Promotionsstelle erden, weil Drittel, das heißt ja nicht 17-Stundenwoche. Sondern tendenziell eher Vollzeit für den Lehrstuhl und Freizeit für die eigentliche Promotionsarbeit.
Das war um 2002 rum. Und ich sags mal wieder: Die Welt wird nicht besser, wenn sämtliche einigermaßen ernstzunehmende Forschung von der Bertelsmannstiftung finanziert wird. Sie wird nicht besser, wenn die Menschen schon am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere lernen, dass ihre Arbeit wahlweise einen Dreck wert ist oder alternativ Forschung eben von Interessensgruppen bezahlt wird, weil niemand mehr Bock auf die Schaffung von Unabhängigkeit hat. Es ist allenfalls kontraproduktiv, wenn ein fertiggedisster Wissenschaftler nach Erlangung der Doktorwürde mehr über das erfolgreiche Einreichen von Drittmittelanträgen weiß und besser Projektlyrik absondern kann als alles andere. Dabei ist das mitnichten „heutige Situation“, sondern so verhält es sich seit Jahren.
Hey, es gibt jetzt Studiengebuehren, mit denen nachhaltig die Bildung verbessert wird!
Mit dem neuen, tollen Bachelor-Master-System laesst sich auch hochgradig wirkungsvoll sieben und schieben, billiger machen und mehr Leistungsgesellschaft und damit oekonomischer und so.
Und die Uni hat jetzt neue Heizungen und Rohre im Wert von… ach, ganz viel Geld jedenfalls. Und das spart auch ganz viel noch mehr Geld.
Fuer die Bildung, damit das klar ist.
Will trotzdem, dass Du endlich mal mit der Promotion oder so anfaengst.
Wus? Ich, mit 35 Jahren? *lach* Das ist langsam nicht mehr an der Grenze, das ist jenseits. Aber vielleicht schaff ich mal nen Lehrauftrag irgendwann irgendo, dann spiel ich „Geisteswissenschaftler/Akademiker, der mal in der freien Wirtschaft war“ und erzaehl den Sozialwissenschaftlern, warum ihre Studienthemen zwar irrelevant, weil nicht monetarisierbar sind, aber sie immerhin strukturiert und selbstaendig denken lernen. Das kommt vielleicht auch irgendwann mal richtig gut an.
schockiert es dich noch wenn ich dir sage das mein Rektor die Bild-Zeitung ließt?