…für das gute Heroin. Alle kommen so gut drauf, alle haben so viel Spass…
…ja, Fleischlego ist da vielleicht ein wenig unangebracht, aber ich brauch grade ein wenig Aufmunterung, nachdem mir grade mal wieder zum Kotzen ist. Die Union hat sich erbarmt, der „Modellversuch“ zur Versorgung Schwerabhängiger mit sauberem Heroin, abgegeben unter ärztlicher Aufsicht, darf gnädigerweise fortgesetzt werden. Die CDU erlaubt widerstrebend ein paar armen Süchtigen ein menschenwürdiges Leben, und die Begründung kann man sich auf der Zunge zergehen lassen:
„Den Vorwurf, dass jemand stirbt, weil sein gewohntes Programm nicht weitergeführt wird, kann ich nicht verantworten.“
sagt Kauder, und man müßte ein böswilliger Zyniker sein, wenn man in Gedanken hinzufügt, „…dass die ganzen Typen auf der Strasse an gestrecktem Zeug und dreckigen Spritzen krepieren, ist mir hingegen scheißegal, was hören sie auch nicht auf mit dem Mist und gehen arbeiten.“ Mein Problem ist, dass ich gelegentlich ein böswilliger Zyniker werde, vor allem, wenn ich solche Sätze lese.
Hier ist offenbar ein höchst erfolgreiches Modellprogramm am Laufen, das wohl einigen Leuten bereits das Leben gerettet und einer ganzen Latte potentieller Opfer von Beschaffungskriminalität das Opfersein erspart hat. Herrgott, da ist die Rede von schwerabhängigen Heroinsüchtigen, die Arbeit und Wohnung gefunden haben und einem geregelten Leben nachgehen. Ich seh das Bochumer Methadonprogramm praktisch jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit, und da kann von solchen Erfolgen keine Rede sein. Von den ganzen untherapierten Leuten ganz zu schweigen, die statt sauberem Stoff den Dreck von der Straße spritzen.
Man darf das „Modellprojekt weiterführen“, ein verdammt erfolgreiches Modellprojekt, unter der Bedingung, dass keine weiteren Projekte der Art hinzukommen. Zynischer gehts fast nicht mehr. Erfolg? Verbesserte Lebenssituation, Gesundheit, weniger Drogentote, erfolgreiche Wiedereingliederungen? Da gehts den elenden Junks doch viel zu gut, also bauen wir das auf keinen Fall aus. Ich kann mir nicht helfen, ich hab die Debatte recht gespannt verfolgt und war sehr tief am Aufatmen, als ich die Headline las, dass das Projekt fortgesetzt werden kann. Wenn ich mir die zugrundeliegende Geisteshaltung der einlenkenden Hardliner angucke, bekomm ich hingegen das Knochenkotzen.
Aber ich sollt mich freuen, dass es weiterlaufen kann. Weg mit euch, ihr schlechten Gedanken.
*mukkeaufdreh* *mitsing*
Peter, Peter, Peter Frankenfeld… brachte das Heroin in unser Dorf….
Hauptsache es geht weiter.
Mein Freund, die Heftigkeit Deiner Emotionen wegen sozialem Bullshit faszinieren mich immer wieder. Und machen Dich so unheimlich knuffiq und liebenswert. Finanzierung und soziale Arbeit. Tztz… was hast Du eigentlich *im* Studium gelernt?
Nun ja, matschig, ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass eine Droge, die von Bayer schon im grossen Stil produziert wurde, ein so teures Ding sein soll, verglichen eben mit einem Methadon-Ersatzprogramm. Die Folgekosten sind niedriger, wage ich zu vermuten, weil das Zeug sauber ist und sicher nicht vertickt wird, um vielleicht was besseres zu kriegen. Und wenn ich lese, dass die Teilnehmer nicht mehr straffaellig werden, Arbeit und Ausbildung aufnehmen… Himmel, das soll teurer sein als ein Methadonjunk, der sich vor und nach Ersatzmittelausgabe die Erdbeerbowle aus dem Tetra fuer 79 Cent in sich reinschuettet?
Ich lass Kostenargumente wirklich gerne gelten, da halt ich mich fuer einen grossen pragmatiker vor dem Herrn. Im konkreten fall neige ich zur Ansicht, dass der Kostenfaktor klar fuer eine Ausweitung des Projekts spricht, und die Gegenstandpunkte aus dem „christlichen“ Lager vor allem ideologisch gepraegt sind. Die haben die Hosen bis obenhin voll, dass sich bestaetigen koennte, dass auch als Heroinabhaengiger ein menschenwuerdiges, geregeltes und *produktives* Leben moeglich ist. Heroin ist in den fuer den Drogenkonsum gaengigen Dosierungen nicht toxisch. Was man von dem gestreckten Strassenzeug nicht behaupten kann. *Dort* hat man Behandlungskosten, Leberversagen, Hepatitis, das volle Programm, und entweder zahlt man dafuer oder man nimmt eben hin, dass die Leute krepieren. Letzteres will Kauder ja nicht, wie er behauptet. Dann soll er aber bitte den Teufel tun und mit Kostenargumenten kommen.
Ich kann mir auch so einiges nicht vorstellen:
Ich kann mir nicht vorstellen, warum es Menschen gibt, die am Hungertuch nagen, oder sich irgendwelchen Shit spritzen (damit moechte ich nur diverse andere Probleme skizzieren), waehrend die Diaetenerhoehung oder das Gehalt eines anderen, etwas privilegierten Menschen der Fussball spielt in Bereiche geht, die ein Mensch alleine gar nicht sinnvoll ausgeben kann. Dafuer aber in eine Yacht fuer 6 Mille.
Ich kann mir nicht vorstellen, warum sich unsere Gesellschaft durch Wettkampf und in der Folge permanente Abwertungen stilisieren muss und es nicht einmal moeglich scheint, sich ueberhaupt etwas anderes vorzustellen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand ein Auto kauft, dass mehr als 45 PS hat und dann ein Greenpeace-Symbol hinten reinhaengt.
Ich kann mir nicht vorstellen, warum Menschen geknastet werden, die mit ein wenig Aufwand (sagen wir mal immerhin nur ca. 5% der Kosten, die ein Knastaufenthalt kosten wuerde) und ohne Stigmatisierung wieder in die Gesellschaft integriert werden koennen.
Ich kann mir nicht vorstellen…