…lernte ich gestern auf dem Karneval der Kulturen in Berlin. An einem türkischen Stand kaufe ich eine Flasche Wasser, 0,6 für einen Euro, abgefüllt vom US-Unternehmen Pepsi, in einem Werk in Ägypten, importiert nach Deutschland, und mein erster Gedanke „Geil, kein Flaschenpfand“.
Ansonsten – ich weiss nicht. Ich hatte großen Spass, und vorweggeschickt: es ist prima, wenn Leute Party machen, vor allem viele verschiedene. Aber mich stört dann immer gleich, was alles ausgeblendet wird. Kulturelle Verschiedenheit beschränkt sich auf Essen, Trinken, Musik und Klamotten. Wenn ich mir anschaue, was da für ein Bild transportiert wird, beispielsweise über die afrikanischen Stände, dann krieg ich eine Vorstellung von Negern, die kochen, essen, trinken, trommeln, sich Rückenkratzer schnitzen, sich dann den Rüpcken kratzen, sich Tücher bunt bedrucken, Kleider draus machen, die Kleider anziehen, die Kleider wieder ausziehen und dann stecken sie sich mit AIDS an. Mehr findet da unten nicht statt, wobei, doch, sie können dort auch ganz ordentliches Bier brauen.
Ein Tuch aus Bangla Desh ist kein Tuch aus Bangla Desh, sondern ein „Ethnotuch aus Bangla Desh“. Nun ja. Irgendwann dachte ich, himmel, was machen sich die Naziärsche eigentlich Sorgen, das hier ist dermassen typisch deutsch alles, dass einem das Hirn schmerzt.
Aber zugegeben: es war auch das eine oder andere mit politischem Hintergrund vertreten. Greenpeace war natürlich da, attac war da, die Rütlischule, aber eben alles nur aus rein deutschen Kontexten. Politisch motivierte Migrantengruppen fanden nicht statt, mit Ausnahme einer Dersim-Initiative, von der ich annehme, dass sie durch die Kontrolle geschlüpft sind, weil sie sich nicht als politische/zaza/kurdische, sondern als Ökogruppe ausgaben. Das fand ich sehr angenehm subversiv.
Ansonsten fand ichs aber schon extrem gefiltert. Wo war die DITIB, der VIKZ, die Aleviten, wo war Milli Görüs? Kurden, Kommunisten, anyone? UNd ja, es mag eben der Kurs sein, dass jegliches politisches Konfliktpotential mal aussen vor bleiben soll, aber ich fasse es mal kurz und überspitzt: keine Gruppe setzt sich mehr für einen laizistischen Euro-Islam ein wie die DITIB. Die dürfen nicht, aber irgendwelche Deppen von der Free-Tibet-Bewegung, die eine Theokratie fordern, dürfen ihren Stand machen. Ich halte das für eine verkehrte Welt, und das prangere ich an.
Zurück zum Positiven. „Nun, Wolk, geh auf, und Sturm brich los“, dachte ich, als der Hageleinschlag begann, just zu dem Moment, zu dem ich mich mit Miss Sophie verabredet hatte. Ich hatte dauernd „Weather Experience“ von Prodigy im Kopf, fand es unglaublich charmant, wie die Kulturen von himmlischen Mächten zum Gruppenkuscheln verdonnert wurden und rechnete mit einer demnächst erscheinenden Miss Wet T-Shirt-Sophie, die mir dann aber erst als eine Miss praktische Jacke-Sophie erschien, bis ich mir sagen ließ, eigentlich hieße sie Miss Bier Sophie. Das trug dann auch seinen Teil dazu bei, dass wir irgendwann abends beschlossen, Johnny zu überfallen, aber wir fanden das Haus nicht. Wir überlegten kurz, ob wir das deutsche Bildungssystem endlich mal von Grund auf reformieren sollten, nötig wärs nach kurzer Analyse gewesen, aber stattdessen gingen wir dann ne Kleinigkeit essen und noch ein wenig Bier trinken.
Und nu wollt ich aufbrechen, und draussen gießts wieder in Strömen. Aber meine Gedanken über Atatürk, Frauen in Trommelgruppen und X-Berg als solchem mag ich lieber später tippen. Aber ich wollt ja eh noch duschen und mich ins frische Mossad-Shirt hüllen. Sonst denken ja alle, ich sei ein Nazi.
One Response to Die Segnungen der Globalisierung richtig wertschätzen…