Zum zweiten Mal in Leipzig, und wieder nen Ticken größer. Hackcenter nun in zwei Hallen, und klar ists kleiner kuschliger, aber man weiß es zu schätzen, dass man wo langgehen kann und sich wohinsetzen kann. Größer, mehr Platz, immer noch gemütlich. Und – vor allem, wenn man an alte Zeiten denkt: Irrsinnig, wie das Netz rennt. Es ist noch nicht lang her, dass die Sprüche „Ab dem drittem Tag tuts“ kamen und die Situation beschrieben. Plus Videoengel und Media/CCC – wir haben innerhalb kürzester Zeit nach den Livestreams schon die Aufzeichnungen im Netz, hier rockt jemand ganz gewaltig und ich ziehe meinen Hut.
Erster Eindruck und Mitnehmding: Ich muss mir endlich meinen Sofa-Einsitzer mit Hoverboardantrieb bauen. Und im Sommer müssen wir ein Trassenrennen machen. Aber zum Ernst des Lebens.
Ich hatte mir im Vorfeld wieder ein wenig mehr Vortragsprogramm vorgenommen – ich hab da diese Wellenphasen von Congress zu Congress, wahlweise denk ich, quatschen kannst nicht immer, aber die spannenden Sachen kannst auch später als Video anschauen; und dann: machste nie, also setz dich rein, wenn dich der Kram interessiert! Es lag eher an mir, das ich da erst mal ein wenig auf die Nase fiel dieses Jahr am Tag 1.
„Freifunk of Things“, ich mach Freifunk, ich hab ein paar Sensoren am Netz, also hört mans sich an. Freifunk-IoT ist das Projekt, und es stellte sich raus, dass es halt im FF-Umfeld entstand, aber eben nichts freifunkspezifisches ist. Ähnlich bei der Chaos West-Bühne nochmal LoraWan auffrischen, weil mittelfristig würds ich da gern ein wenig was machen: aber nun, die Basics kenn ich in der Tat schon. Ärgerlich wurds beim Deep Learning-Talk, weil da wollte ich wirklich ein wenig Neues zum Hypebusten mitnehmen, aber… nun, Konzept erklärt, das durchaus anschaulich, aber eben Basics. Nicht wirklich die Aha-Augenblicke.
Bis hierher alles ein „Okayer Horizont, Richie, alles gut.“ Geärgert hab ich mich beim NSU-Komplex, und hab ein wenig ein schlechtes Gewissen dabei, weil das Thema ist wichtig und die Resonanz war, von dem, was ich mitbekam, prima. Mein Eindruck war, dass man einen Haufen Nerds selbstredend agitieren kann, aber so halt nicht. Mir schlicht zu wenig auf den Punkt, zu viel Floskelitis, permanente Wiederholungen und aufgeblasenen Platitüden. Ärgerte mich alles irgendwie, man hätte den Talk klarer und konkreter und wahrscheinlich in der halben Zeit machen können.
Voll auf die Zwölf war dann aber das Thema Gesundheitsakte/Gesundheitsapp. Vollkatastrophe. Viel schlimmer, als ich mir die Lage vorgestellt habe, und meines Erachtens nach grundsätzlich falsch konzipiert. Wirklich klar ist mir auch nach Nachfrage in der QA-Runde nicht, warum man nicht da auf eine Kartenlesegerätskiste ging – alle haben ne eGK, man kann da eindeutige Identifizierung machen und Himmelherrgott, es ist mit Sicherheit billiger, allen Versicherten da ein vernünftiges Lesegerät in die Hand zu drücken wie dreimal nacheinander eine App-Lösung mit Anlauf zu verkacken. Überhaupt, App-Lösung, was zur Hölle? Dass ein „Muss eigenständig auf dem Smartphone funktionieren“ nicht wirklich realistisch sicher sein kann, sollte seit den Online-Bankingapps bekannt sein. Aber – wie gesagt, Katastrophe. Und Basics verpfuscht quer durch die Anbieter, dass mir nichts mehr einfällt.
Insofern: es scheint mir eigentlich ne Totgeburt, auch wenns politisch mehr gewollt denn je scheint. Interessanterweise analog zur eingegangenen ePerso-Geschichte, der sollte anno irgendwann ja auch alles sicher können, auch Kaffee kochen, und was ist seitdem passiert? Im anschließenden Gespräch mit wem aus der Pentestingecke ließ ich mir sagen, dass man inzwischen mit dem ePerso tatsächlich Autos bei der KFZ-Meldestelle abmelden kann, die Funktion sei für den ePerso freigegeben. Die ePerso-Komponente funktioniere auch, die Meldeamt-Komponente aber nicht, deswegen müsse man nach wie vor hin.
Ich muss zugeben, ich seh nicht wirklich, wie das tatsächlich fliegen soll, und angesichts der geballten Führungskompetenz im Gesundheitsministerium hoffe ich einfach mal, dass irgendwer den Arsch in der Hose hat, da die Reißleine zu ziehen, bevor wir da auch die schönen Datenreichtümer haben, wie andernorts in dem Bereich schon geschehen. Andernfalls… nun, ich ertappte mich wieder bei Spackeriapositionen – wenn der Kram kommt, dann werden wir halt bald die öffentlichen Listen mit dem HIV-Status der Versicherten haben und bis dahin wärs gut, wenn das nichts mehr ist, was irgendwie und irgendwo stigmatisierend ist. Ich klopf mal auf Holz.
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