Wir sind nun in Ait Ben Haddou angekommen, besser bekannt als Astapor, seinerzeit befreit von der Khaleesi Danaerys I. Sturmtochter Targaryen, erste ihres Namens, der Unverbrannten, Sprengerin der Ketten, Mutter der Drachen usw., ein geschichtsträchtiger Ort, wenngleich man von den damaligen Geschehnissen nicht mehr viel sieht. Wie in den anderen südlichen Landesteilen alles wahlweise steinig und trocken, alternativ geprägt von Ackerbau und Viehzucht, und natürlich nun hier und um Ouazarzate einiges touristisches, aber es wäre auch sehr schade drum, wenn Landschaft, Gebäude etc. von niemandem gesehen würden. Wir versuchten heute, zum gestauten See vor Ouazarzate zu fahren, aber es hat nur bedingt funktioniert.
An sich ist der Stausee ein Wasserreservoir, aber aktuell ist da nicht viel reserviert, was man auch am Weg nach Astapor sieht: an sich laufen wir hier durch ein Flussbett. Da fließt auch Wasser, aber eben nicht immer. Ähnlich verhielt es sich bei der vorigen Station, Adzg, dort besichtigten wir ein dortiges Kollektiv – offenbar eine beliebte Organisationsform – welches Datteln verarbeitete (Sirup, Marmelade, Speisedatteln) und wo es auch noch die „Hennagärten“ gab – wo unter den Palmen eben auch Henna angebaut wurde. Das ganze bewässert über einen Brunnen, betrieben von zwei alten Renault-Automotoren, die auf Gasflaschenbetrieb umgerüstet waren und dort eben irgendwo in der Pampa standen.
Den ganzen ausgetrockneten Fluss entlang ist so Dörfchen an Dörfchen, es sieht mir alles sehr nach Subsistenzwirtschaft aus und wurde mir bei ein, zwei Gesprächen auch größtenteils als solche beschrieben.
Ich kenne mich mit den hiesigen Bodenverhältnissen wenig aus jenseits von „Wüste, Schwemmland, Fluss, +2 Nahrung“ nach CIV V, aber vermute, dass es eben ein recht lehmig/sandiges Schwemmland ist mit praktisch keinen Humusanteilen und der Nährstoffgehalt entsprechend aussieht.
In der letzten Kasbah wurde traditionell Dreifelderwirtschaft betrieben – drittes Jahr Brache oder was kleeartiges, damit sich der Boden wieder erholt – und die Wachstumsraten sind drastisch verschieden: die Palmen, die auf der einen Fläche in zehn Jahren in die fällbare Größenordnung wachsen, brauchen dafür am Flussufer deren 20, weil dort schon länger angebaut wird und trotz Wechselbewirtschaftung und Brache der Boden eben mit der Zeit auslaugt.
Und so komm ich nun wieder zum mich dezent aufregen. Ich bin recht sicher, dass Knowhow und Technik verfügbar ist, wie angesichts dieser Situation größere Flächen urbar gemacht und nachhaltig bewirtschaftet werden könnten. Es bräuchte natürlich eine ziemliche Investition in die Wasserversorgung und ein paar Quadratkilometer Solarpanels, aber hier was extensives auf die Beine zu stellen, was nebenbei eben mal eine Wüste in eine Kohlenstoffsenke transferiert, das wäre so eine von den Sachen, die ich hier eigentlich als überfällig betrachte. Bei Ouazarzate irgendwo ist meinem Hörensagen nach ein Projektrest von Desertec in der Umsetzung und soll mittelfristig hier die Stromversorgung verbessern, ein spanisch-deutsches Rumpfprojekt, das vom großen Plan „Solarenergie aus der Sahara nach Europa“ übrigblieb, aber wen wundert sowas noch, wenns nicht mal möglich ist, von Schleswig Holstein nach Bayern eine Gleichstromtrasse zu bauen, ohne dass ein Haufen Deppen auf den Zäunen steht und die Mistgabeln schwenkt. Sorry, es ist zum Kotzen.
Jedenfalls, es wird hier modernisiert und elektrifiziert, und parallel dazu der Versuch unternommen, die traditionellen Bauweisen und dadurch nicht zuletzt die Touristenmagnete nicht vollends untergehen zu lassen. Konkret: wir sind im „alten Teil“ der kasbah untergekommen, erstaunlich imposante Lehmbauten, und Strom gibts im Erdgeschoss. Nicht auf unserem Zimmer, denn das ist im ersten Stock. Es hat was sehr charmantes und, hihi, erdendes, wenn man da in der durchaus luxuriösen und schönen Kasbah beim Licht der Kerzen in den Wandnischen zu Bett geht und den Leuchter auf dem Nachttisch dann noch aufs Klo mitnimmt, aber ich sag mal so: auf Dauer will das niemand, und deswegen werden gerade wohl bevorzugt die alten Lehm-Kasbahs ans Stromnetz angeschlossen.
Ziel: sie sollen verstärkt bewohnt werden, dadurch auch besser instandgehalten und weiterrenoviert werden, siehe auch den letzten Bericht. Im Übrigen: hier haben wir LTE, und wenn das Netz nicht tut, auch hier wieder mit StandardPW auf den Router, ich seh dort sogar die Bestätigungs-SMS, wenn mal wieder 50Dh (5 Ocken) für die nächsten paar GB investiert wurden. Wieviel es für den Kurs gibt, weiss ich leider nicht.
Ich bin abgeschwiffen. Meine Vermutung: hier wirds in den nächsten Jahren einen ziemlichen Schub tun, und Knowhow und Technik dafür wird aus China kommen, weil die eigenartigerweise eine Solarindustrie haben, mit der man hier was reißen kann. Gewisse andere westliche Industriestaaten sind ja grade noch am Grübeln, wie man nen Diesel noch solang luftverträglich kriegt, solang man damit rumgurken kann, ohne dass man ausgelacht wird, aber nun. Man muss ja Prioritäten setzen. Ich wiederhol mich, aber es ist zum Kotzen.
Dabei hab ich gar nichts gegen altertümliche Technik. Eines der größeren Mankos im „Movie Museum“ in Ouazartate ist, dass es keine Erklärungen, technische Details etc, jenseits eines „Kamera, $markenname“ und ähnlichem neben einem allerliebsten Sammelsurium von Filmtechnik des vorigen Jahrhunderts gibt. Ansonsten einige charmante Kulissensets aus diversen Produktionen, die hier gedreht wurden – Ridley Scotts „Gladiator“ ist so eines der Aushängeschilder, von der dritten Staffel GoT ist leider wenig zu sehen außer ein paar Fotos an Marktständen, es sei denn, man trifft an der Tanke jemanden, der einem spontan seine Statistenbilder mit Grauer Wurm auf dem Handy zeigt.
Ansonsten einiges an Bibel- und Altertums-Monumentalfilmen und einigem für den arabischen Raum, was ich naturgemäß halt nicht kenne. Es war wirklich charmant und sehr ausbaufähig. Was ich bei der letzten Museumsstation nicht sagen kann – was eher zufällig noch mitgenommenes, was mit Widerstandskampf der Marokkaner zu tun haben sollte und wahrscheinlich eher so ein Herrscherhaus-Verherrlichungsding war. Etwas kryptische Exponate, und ein freundlicher, sehr alter Mann., der uns um einen Gästebucheintrag bat. Der vor uns war vom Februar, der marokkanische Befreiungskampf scheint wenig populär. Nichtsdestotrotz: es ist hier schön und ich hab viel zum dran rumdenken.