Tool in Köln

Ich hab lange Zeit versucht, musiktechnisch einfach weiter im Flow zu bleiben, statt irgendwann bei $lieblingsstil-mit-30 festzustecken, es ist an der Zeit, mir einzugestehen, dass das nicht hinhaute. Es gibt zwei Bands, zu denen komme ich immer wieder zurück, und die andere ist Alice in Chains. Staley ist tot und das ist zum Kotzen, Maynard lebt und wir gingen nach Köln.

Night Verses, Köln

Night Verses, vor Tool in Köln

Für einen Menschenmassenphobiker wie mich war die Arena dort erstaunlich erträglich und das Publikum, wen wunderts, schwerst sympathisch und wild gemischt. Wir kamen ohne Hektik unerwartet auf den letzten Drücker an, denn Night Verses begannen, kaum dass wir am Platz waren. Ich sag mal so: auch bei der Studioaufnahme kriegt man einen Eindruck. Ich dachte bei den ersten Takten witzigerweise, das könnten red sparowes sein, nein. Ähnliche Richtung, wenngleich Night Verses schon ein wenig den Standard neu setzten, was ein Drummer zu durchaus atmosphärischen Leads drunterprügeln kann.

Tja, und Tool. Ja, gigantisch. Unglaublich intensiv, vier Leute, die nicht nur einfach meisterhaft Musik machen können, sondern einem das auch meisterhaft in Hirn und Bauch reinficken. Licht, Video, Performance, alles voll auf die Zwölf.

Tool, Opener in Köln

Tool, Opener in Köln

Handwerklich bin ich nicht auf einem Level, das auch nur ansatzweise zu würdigen, aber dass ich nicht sauer wurde, wieviel verzerrten Bass jemand in nem Set spielen kann, ohne dass es Matschepampe macht und trotzdem oder deswegen reinknallt, lag daran, wie es reinknallt. Was man an Emotion und Wucht in Songs packen kann und dabei keine zwei gleichen Taktarten nacheinander spielt, hat bereits eine leicht wahnsinnig machende Lässigkeit. Zwischenrein ein wenig Analogsynths stecken und ein Drumsolo drüberlegen, und irgendwann musste ich den Unterkiefer halt auch mal wieder hochbewegen, aber was zum Fick.

Alles das, aber dann spielten sie Intolerance, und am Ende noch Stinkfist, und ach, es ist ein Elend, ich bin ein alter Mann und der folgende Satz ein unerträgliches Klischee, die Fear inoculum ist ein großartiges Stück Musik, von 10.000 Days ganz zu schweigen, aber….

Tool, Stinkfist

…ich mag die alten Sachen lieber.

Wenn wer sagt, hey, geiles Album von Tool, dann wäre „alle“ nicht falsch, aber ich sag Ænima. Irgendwann hörte ich auch auf zu hoffen, dass sie Third Eye noch spielen, und dass wie erwähnt Stinkfist den Abschluss machte, versöhnte mich vollkommen, aber ich halte Third Eye für das fickend großartigste Stück Musik, dass Tool je hervorgebracht hat und beabsichtige, auf diesem Hügel zu sterben. Der Witze über die sophisticated Tool-Fans, die sich über komplexe Vieldeutigkeiten von Maynards Texten und deren mathematisch-harmonischen Äquivalenzen in Songs und Songstrukturen auslassen, sollen Legion sein und wer bin ich, mich drüber lustig zu machen, denn schließlich fasziniert mich diesbezüglich auch einiges sehr. Weiter wünsche ich allen Musikern, sich so weiterentwickeln zu können, wie ihr Herz, Hirn und die Drogen sie treiben, aber vor allem fasziniert es mich, wenn mir Tool den Kopf wäscht und dabei voll in die Fresse gibt, und das machen sie auf der Æenima mit anschließend nie wieder erreichter Intensität.

Ungeachtet dessen: Ich persönlich führe keine Liste der 100 Dinge, die ich im Leben gemacht haben will, aber wers macht: schreibt euch ein Toolkonzert drauf und macht beizeiten ne Kerbe.

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One Response to Tool in Köln

  1. eigentlich sagt:

    @Korrupt und falls Du Freude an gute Coverversionen hast, hier ist eine: https://youtu.be/mYKLvYGqaC0

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