George R.R. Martin: Fiebertraum und Armageddon Rock

Irgendwann dachte ich, es heißt ja, dass Martin auch jenseits des Lieds von Eis und Feuer gute Bücher geschrieben hatte, und weil es sowohl Armageddon Rock als auch Fiebertraum ganz normal illegal als Warez gibt, dachte ich, lies mal. Beide Bücher sind klasse und wer sich vom Inhalt angesprochen fühlt, klare Leseempfehlung.

Armageddon Rock rockt. Sehr. Eine Liebeserklärung an die Sechziger/Siebziger, ein Roadmovie, ein apokalyptisch/schwarzmagisches Bandspektakel, Sex, Drogen und Rock’n Roll. Eine Kultband der Vergangenheit wird reanimiert, obgleich ihr charismatischer Sänger tot ist. Der Ersatz stellt sich als beunruhigend ähnliche junge Version des Originals heraus, dem halt nur etwas fehlt. Ich spoiler mal nicht allzuviel, aber dass das Fehlende mit der Zeit dann doch dazukommt, macht das die Situation nicht einfacher. Armageddon Rock riecht nach Gras und Kippen, nach Bier und Schnaps und irgendwann auch nach Blut, es ist laut, dreckig und geil. Wer je eine Klampfe in der Hand hatte und einen Regler auf zehn drehte, sollte seine Freude dran haben. Und um einen ganz ungewöhnlichen Schlenker zu machen: ich glaube auch, alle, die Pratchetts „Rollende Steine“ mochten. Es ist ein ähnliches Thema, wenngleich ein komplett anderes Stück, aber mir kams das eine oder andere mal in den Sinn beim Lesen in einer ganz und gar nicht unangenehmen Art, aber YMMV.

Hier wie auch im Folgenden: Der Schluss ist das einzige, wo ich mir irgendwie ein wenig mehr gewünscht hätte, aber hey, Jammern auf hohem Niveau.

Fiebertraum. Vampire auf Schaufelraddampfern des Missisippi im 19. Jahrhundert.Ein Kapitän bekommt durch einen dubiosen Partner die Möglichkeit, den Raddampfer seiner Träume zu bauen und mit ihm auf dem Missisippi zu fahren. Der Dampfer wird gebaut, „Fiebertraum“ genannt und nimmt seine Fahrten auf. Die einen teils eigenartigen Fahrplan haben, den Launen des Geldgebers geschuldet. Mit der Zeit stellt sich raus, dass ein paar Dinge nicht ganz so sind, sie sie zu sein scheinen und statt Flussrennen und neuen Rekorden für die Strecke Sowieso geht es irgendwann plötzlich darum, die Menschheit vor der Versklavung durch Vampire zu retten, was einige interessante Allianzen und Konflikte zur Folge hat. Das ganze in einem Fiebertraum aus Sümpfen, Whisky, Schweiß, Blut und Bootsdampf.

Warum diese zwei Bücher? Nun, die Science-Fiction-Titel Martins machten mich einfach nicht so an, die beiden hab ich gelesen und war begeistert. Es wird wenig wundern, wenn ich feststelle, dass Martin ein hervorragender Geschichtenerzähler ist. Was mich bei den beiden Titeln indessen wirklich verblüffte: die Anschaulichkeit, diesen überzeugenden Realismus, den er im Lied von Eis und Feuer bei der Darstellung eines sehr gnadenlosen und unbeschönigten harten Mittelalterleben rausgehauen hat, den bringt er hier mit vollkommen anderen Hintergründen. Ich hab nur kurz ein klein wenig Bass in ner kleinen Band gespielt, aber was er da übers Spielen, Proben, zu den Gigs fahren, die Stimmung vor und nach einem schiefgegangenen oder einem grandiosen Aufrtitt schreibt, das ist auf die Zwölf. Wenn er über die Raddampfer anno 1857, die Strecken und Geschäfte schreibt, die mit ihnen gefahren und betrieben wurden, die Gesellschaft(en), die sich auf und abseits des Bootes so rumtrieben, die Charaktere, die sich dabei entwickeln und bewähren – ich kanns nicht aus erster Hand bestätigen, aber das ist von einer Detailtiefe und Überzeugungskraft, die mich einigermaßen umhaut – insbesondere, wenn man sich überlegt, dass es ja eigentlich eine verdammte Vampirgeschichte ist.

Beides sehr feine Bücher, wenn man die Genres mag, kann man auch durchaus kaufen.

Kategorie: Allgemein Tags: , . Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert