…sollte man immer die Dummheit als Erklärung wählen. Das ist so eine Art Ockhamsches Rasiermesser, dass einen gelegentlich ruhiger schlafen lässt. Es beunruhigt natürlich auch, dass demnach unsere Familienministerin geradezu schreiend blöde sein muss, und mir versaut dieses „Man äußert sich trotz eigener Dummheit öffentlich“-Phänomen auch regelmäßig Argumentationen in politischen Diskussionen, wenn ich beispielsweise der Ansicht bin, dass es durchaus seinen Sinn hat, wenn Expertengremien und Ausschüsse zu Rate gezogen werden und sich die inkompetenteren Leute gelegentlich zurückhalten, ohne dass es ihnen gleich als Faulheit ausgelegt wird, aber ich schweife ab.
Jedenfalls: Blödheit ist mir immer noch lieber als die Vermutung, da wird mit Vorsatz und einigen nur schwer nicht totalitär zu nennenden Hintergedanken dreist gelogen.
Was konkret gelogen wird, hat Lutz Donnerhacke auf Netzpolitik zusammengetragen, und man kanns nicht oft genug in die Debatte werfen. Insbesondere, weil die ganzen Steigbügelhalter der Zensursula mit ihrem Geschwätz von diesen paranoiden Netzaktivisten nicht oft genug mit der Nase draufgestoßen werden müssen, dass sie mitnichten auch nur eine ihrer Lügen belegen konnten.
Ich versuch mal weiter ans Gute bei den diesbezüglichen politischen Akteuren zu glauben. Dass dieses Gute ausgerechnet ihre Dumheit sein soll, ist zwar auch traurig, aber nun. Man mag mir zu Recht vorwerfen, dass ich nun langsam beginne, augenscheinliche Realitäten auszublenden, weil ich eben an sowas wie einen Rechtsstaat glauben will und den Willen der Politik, einen solchen zu erhalten, aber mit Realitätsleugung bin ich grade ja in bester Gesellschaft.
Wer in diesen Scheißzeiten ein wenig Hoffnung in Bezug auf die angesprochenen Probleme haben will: man kann sich über den Umfang der Förderung für ein Projekt streiten, das lange keine kriegte und im Unterschied zu den nun anstehenden Geschichten zur Abwechslung sogar was bringt. Gerade gemessen an den anstehenden Kosten für unsere Zensur- und Überwachungs-Infrastruktur sind die 250Kilo-Euro im Jahr ein Witz, aber die gibts inzwischen wohl, .
Mir kam da neulich mal die Idee, daß die Ursula von der Leyen ganz fürchterbar scheitern könnte, wenn eine genügend große Zahl von Websites mit unzweifelhaft legalem Inhalt einfach mal das von der Ministerin gefeierte Stop(p)schild zur Begrüßung ihrer Besucher und Kunden einsetzten.
Entweder wären letztere dann gehörig verschreckt und wagen sich nicht mehr ins InterNetz – oder es hagelt Anrufe beim Provider, wieso weshalbwarum da plötzlich dieses Schild auftaucht, da war doch noch nie … und überhaupt, welche Daten seien denn nun vorratsgespeichert worden? Kommt da noch die Polizei zwecks Durchsuchung in Haus?
Die Aufregung wäre, glaube ich, ganz, ganz groß. Und dann braucht es vielleicht nur noch einen einzigen Fall einer von keinem Stop(p)schild versperrten Seite mit dann in der Tat unappetitlichen Inhalten, um die ganze Aktion gründlich als vielleicht gut gemeint, aber dilettantisch ausgeführt zu blamieren …
…
Zu den Sperrlisten fiel mir der Gedanke ein, daß diese deshalb geheim sein sollen, weil sie dokumentieren, wie lange Inhalte von Behörden eben nicht aktiv angegangen werden, sondern nur der Zugang erschwert und dann nichts mehr gegen sie unternommen wird. Zumindest die Adressen erfolgreich entfernter Inhalte könnten eigentlich doch gefahrlos kommuniziert werden, das scheint aber nicht vorgesehen.
Doch ohnehin ist ja schon sehr verdächtig, daß da ungefähr alles sehr klandestin ablaufen soll, jede (auch nachträgliche) Erfolgskontrolle im Grunde ausgeschlossen wird, die nach demokratischen Spielregeln durchaus geboten wäre. Darauf kam neulich und ganz nüchtern sogar die Welt:
Nimmt man freilich an, daß solche Überlegungen auch einer Ministerin nicht ganz fremd sein sollten, fällt allerdings aus, sie und ihre Anhänger mit Blödheit zu entschuldigen. Das, was beispielsweise der MdB Hans-Peter Uhl (CDU) in den vergangenen Tagen alles auf Fragen zur Sache bei abgeordnetenwatch.de von sich gab, scheint auch auf Vorsatz zu deuten.
Der sprach von „perverser“ Kritik und sagte, ganz Experte, was er von ihr hält:
Das klingt schon nichtmal mehr sonderlich verfassungskonform (Artikel 5 GG: „Eine Zensur findet nicht statt. [..] Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“), vielmehr sehr vorsätzlich und bösartig sowieso.
Grade bei Uhl mag ich seinen indiskutablen Muell am ehesten noch mit der reinen Dummheit entschuldigen koennen. Aus dem CCC werden vom Bundestag durchaus auch mal Leute in Beratergremien und Ausschuesse geladen, und diese Leute dann als moralisch verkommene Pseudoexperten zu deklarieren, nun ja, man kann sich auch mit Vorsatz selber ein Armutszeugnis ausstellen, aber da kann ich mir schon auch vorstellen, da redet halt einer aus der Ichkannochfaahn-Zweimasspartei die Scheisse daher, wie sie eben im Bierzelt auch immer gut funktioniert hat, ohne dieses muehselige Gehirneinschalten, von dem immer so viel die Rede ist.
Ansonsten find ich deine Idee mit den Stoppschildern prima, es gibt ja auch schon ein paar schoene. Und dass die Liste der gesperrten Seiten im Netz landen wird, ist ungefaehr so sicher wie das Amen in der Kirche, ich glaube auch, dass wir dann ale viel zu lachen haben. Nun ja, haetten, wenns an sich nicht so traurig waere. Die Bauchlandung, was *das* angeht, ist vorprogrammiert, das hatten wir zu oft schon.
Btw., neben allem „ich wills mit Dummheit erklaeren“, was ja auch immer ein gutes Stueck weit „entschuldigen“ sein kann: ich bin mir sicher, dass nicht wenige Akteure die Geschichte und ihren Un-Sinn vollkommen begreifen und das eben nicht nur aus wahltaktischen Gruenden in Kauf nehmen bzw. befuerworten, sondern tatsaechlich, um die kommende Zensurinfrastruktur aufzubauen. Ich hab aber das Gefuehl, die halten sich eher im Hintergrund und lassen die anderen mal. Wie eben die Zensursula, die machts ja gern, ist ja fuer die Kinder, und womoeglich glaubt sie sogar an den Mist, den sie erzaehlt, das haben doch diese Experten gesagt, die ihr da diese komplizierten Fachbegriffe beigebrachtr haben…