Eigentlich ist mir nach ein paar Randbetrachtungen zur Kinderpornosperrdebatte, die mir noch ein wenig unterbelichtet scheinen, aber dann schreib ich über gar nichts anderes mehr. Ergo trifft es sich gut, dass ich mit dem Foundation-Zyklus Isaac Asimovs ein beschissenes Stück Science Fiction in der Hand hatte, das nicht nur zum Verschwenden von Lebenszeit taugt, sondern auch zur Inspiration für einen Rant, der wohl nicht der einzige zum Thema sein wird, aber mir immer noch das Gefühl gibt, die Zeit, die ich mit Asimovs Foundation-Zyklus zu tun hatte, war wenigstens zu etwas gut. Und wenn einen ein paar hundert Seiten schlechter Science Fiction zum Schreiben eines hoffentlich ordentlichen Verrisses inspirieren, war die Leserei zu was nütze.
Also, Asimov, Foundation. Drei Bände, glücklicherweise in einem Band und damit kostengünstig. Eines der Standardwerke der US-Science-Fiction und der Durchbruch einer ihrer bekanntesten und geehrtesten Vertreter. Damit ist eigentlich alles über eine Schriftgattung gesagt, die sich seit ihrem Bestehen durch die erbärmliche Qualität ihrer meisten Vertreter und ihrer meisten Erzeugnisse ausgezeichnet hat. Was als Romanstoff nirgends sonst taugte: in ein Raumschiff verfrachtet und in einen SF-Band verpackt, wars immer noch für Auflage gut. Die Foundation-Trilogie ist keine Ausnahme.
Die Story:
Ein galaktisches Imperium zerfällt trotz äußerer Blüte, ein begnadeter Mathematiker/Soziologe/Geschichtswissenschaftler erkennt das mittels der von ihm entdeckten „Psychohistorik“, einer wissenschaftlichen Disziplin, die die Entwicklung großer Bevölkerungsgruppen statistisch recht präzise über lange Zeiträume prognostizieren kann. Vor dem Zusammenbruch gründet der Retter zwei Keimzellen einer neuen galaxisweiten Zivilisation, deren segensreiches Wirken die Phase von Zusammenbruch und Chaos auf ein erträgliches Maß von tausend Jahren reduzieren soll. Alternativ wärens 30.000 Jahre gewesen, und das ist ja nicht zumutbar. Die drei Bände umfassen dann auch diesen tausendjährigen Prognosezeiraum, in dem idealerweise ein neues, zivilisiertes galaktisches Imperium entstanden sein soll.
Das Ergebnis ist ein dreibändige Ansammlung flacher Gestalten, die in einem mechanistischen Universum herumagieren und nach Ausreden zum was tun bzw. nichts tun suchen. Es ist wenig erstaunlich, wie schwer sich Asimov dabei tut, seinen Figuren ein wenig Leben und Initiative einzuhauchen – verhalten sie sich irgendwie herausragend und heldenhaft, widerspricht es seinem im Roman gepflegten Weltbild der von großen Massen statistisch bedingten Geschichtsentwicklung, verhalten sie sich passiv und berechenbar, wird die öde Geschichte noch ein paar Grade öder.
Die ist eine mehr oder meist eher weniger stimmige Aneinanderreihung von Episoden, die in der gleichen „Qualität“ auch in jedem beliebigen Perry-Rhodan-Silberband stehen kann. Dort sind die beschriebenen Technologien gelegentlich gar etwas fantasievoller, und das will was heißen. Was nicht vorhersehbar ist, wirkt bestenfalls konstruiert, schlimmstenfalls ists gepatzt und unstimmig. Traurig, aber so ists nun mal.
Die Charaktere:
Man kann es sich leicht machen und sagen: es gibt keine. Bei näherer Betrachtung wirkt alles, was rumspringt, wie ein Haufen von mehr oder weniger verkappten Faschisten. Das mag dran liegen, dass alle Protagonisten irgendwie mit einem Plan beschäftigt sind, den das dumme Volk natürlich nicht mitbekommen darf, während das dumme Volk Ackerbau und Viehzucht betreibt und sowas wie einen interstellaren Kolonialwarenhandel betreibt. Die einen Planeten exportieren Holz und Metalle, die anderen atombetriebene Kühlschränke und Küchenherde. Und nebenbei soll ein Imperium aufgebaut werden, weil alles andere irgendwie scheisse ist. Totalitarismus als Selbstzweck. Btw., es gibt so eine Art Nachwort aus „sozialwissenschaftlicher“ Perspektive, in dem Asimovs Vision der Geschichtspsychologie pseudosoziologisch gewürdigt wird, als ich das las, musste ich völlig neue Dimensionen des Fremdschämens erleben.
Die Frauen:
Wem das noch nicht reicht, um zum Schluss zu kommen, dass Asimov eben ein reaktionärer Sack mit Graphomanie war, dem sei noch eine Anmerkung nachgereicht: wenn ich von „Menschen“ sprach, dann sollte ich eigentlich „Männer“ schreiben, denn Frauen kommen allenfalls gelegentlich vor. Die paar erbärmlich klischeehaften Frauengestalten bei Asimov gestatten mir leider nur die Meinung ad personam, dass Asimov eine hoffnungslos untervögelte Schreibmaschine war. Oder genauer: eine vollkommen zurecht hoffnungslos untervögelte Schreibmaschine. Um Fleischlego zu zitieren: „Du streckst die Arme aus… die Frauen rennen schreiend weg. Du kriegst keinen Sex, zurecht, zurecht!“ Ich kanns mir richtig bildlich vorstellen.
Ein Dilemma ist es aber schon: einerseits scheint es unerträglich, würde man von Asimov auch noch sowas wie Erotik zugemutet bekommen, andererseits ertappte ich mich gelegentlich beim Gedanken, dass man beispielsweise bei Philip Jose Farmer zwar auch schlechte Stories, aber zwischenrein wenigstens interessante, intergalaktisch-speziesübergreifende Geschlechtsverkehre geboten bekommt.
Alles andere:
Stichwort „Speziesübergreifend“ – nichtmenschliche Spezies kommen selbstredend nicht vor. Es spricht aber bereits in ausreichendem Maß gegen das Vorhandensein eines zumindest rudimentären Vorstellungsvermögens bei Asimov, dass er sich selbst seine Menschen allenfalls wahlweise in einer Art spätfeudaler Bauernstaaten vorstellen kann oder in irgendwelchen Technokratien, die mit, oh Wunder, Atomkraft! ihren modernen Flair übertüncht kriegen (und ansonsten auch eine Art spätfeudalen Bauernstaat bilden). Das wars ungefähr an Vorstellungsvermögen technischer Entwicklung, und Asimov ist sich dabei nicht zu blöde, Gesellschaften interstellar rumheizen zu lassen und gleichzeitig die Bevölkerung zur öl- und kohlebasierten Energieversorgung auf dem Heimatplaneten zurückkehren zu lassen, weil man zu blöde wurde zum AKWs bauen. Es ist schon in Ordnung, dass er nicht versucht hat, sich auch noch Außerirdische vorzustellen.
Ein Fazit:
Die „Foundation“ taugt, nach nochmaliger Reflexion, aber immerhin zu drei Sachen. Einmal zum Verfassen von Rants. Weiter aber kann man die Foundation lesen, nachdem man Lems „Phantastik und Futurologie“ gelesen hat und sich fragt, ob wirklich alles so scheisse ist in der SF wie Lem es schreibt. Es ist ein sehr schönes Gefühl, Lem sowohl aus tiefstem Herzen wie auch anhand direkter Anschauung Recht geben zu können. Drittens und letztens kuriert einen ein „herausragendes“ Werk wie die Foundation nachhaltig von der Hoffnung, jenseits von Dick und Lem Brauchbares im SF-Genre finden zu wollen. Das kann, nach einer ärgerlichen Anfangsinvestition, mittelfristig einige Verschwendungen von Lebenszeit vermeiden helfen.
Amazon. Vorsicht, da wird gelobt.
Douglas Adams unbrauchbar? Ich weiss nicht recht…
Den Adams wuerde ich nicht mal so im Reigen der „klassischen“ SF sehen – der ist unbestreitbar eine Art von Meister aller Klassen. Nein, ich dachte dabei schon an die Aspekte „interessante Zukunftsvisionen“ und „gut geschrieben“. Der klassische Vorwurf ist ja das einleitend genannte Beispiel „Scheisstory, ins Raumschiff verfrachtet, funktioniert als SF“. Insofern sollte SF eben eine „Zukunftsvision“ haben und auch behandeln, und andererseits eben auch *gut geschrieben* sein, weil vieles eben bereits handwerklicher Pfusch ist.
An Ausnahmen waere mir eher noch Herbert eingefallen, von dem hatten wirs gestern im #gulli noch. Wells schreibt um Längen besser als Asimov, auch wenn seine Geschichten auch etwas Staub ansetzen. Puder war nett und mit einigen klugen Ideen. Gibson muss man erwähnen. Aber dann hoerts eben auch langsam auf, ich denke, den einen oder anderen Heinlein kann man noch gelten lassen, auch wenn er ebenso ein reaktionaerer Sack war wie Asimov auch. Aber Asimov kann eben *gar nichts*.