Auf das Risiko hin, hier eh überproportional viele Piraten und -wähler zu erreichen: ich mag was für die Nichtpiratenwähler und Unentschlossenen schreiben. Einfach so, was ich als guten Grund ansehe, die zu wählen, selbst wenn die politische Heimat woanders ist/war oder man nicht so recht weiss, warum man eine Stimme Richtung Opposition werfen soll.
1. Transparenz!
Ich mach ein Ausrufezeichen ran, denn das ist (neben LQFB) meiner Ansicht nach das entscheidende Kriterium, warum eine Piratenfraktion in der Opposition wichtiger ist als alle Regierungskoalitionsmöglichkeiten. Egal, was an die Macht kommt: den Klüngel kennt man, die Intransparenz auch, die fehlende Freiheit im Kopf, um einfach per Default in „Öffentlichkeit schaffen!“-Maßstäben zu denken. Egal, wer regiert, es wird (auch) Scheiße passieren, es wird (auch) rumgeklungelt und es wird (sicherlich) unglaublich viel Müll geredet. Mit Piraten in der Opposition haben wir alle ein Ohr am Boden. Allein, dass Piraten im Landtag sitzen und twittern, wird vieles verändern. Und komm mir keiner mit „die Grünen können das auch“. Die sind genauso arriviert und schönfärbend wie alle anderen auch. Den Piraten alleine traue ich zu, einfach zu verbreiten, was passiert und zuzuhören, was „die da draußen“ dazu sagen.
Man siehts btw. in Berlin. Auf einmal kriegt man mit, was passiert, was diskutiert und gegebenenfalls entschieden wird und was die Gründe dafür waren. Auf einmal wird auch auf für mich noch nie so sichtbare Art und Weise klarer, wer was warum will und macht. Das liegt an dem anderen Kommunikationsverhalten der Piraten, dessen bin ich mir ziemlich sicher. Und genau das will ich in allen anderen Landtagen (und im Bundestag) auch. *)
2. Beteiligung
Ich mag den Begriff in dem Kontext nicht mal, „Beteiligung“ ist ungefähr so neunziger wie „bürgerschaftliches Engagement“ und klingt für mich nach „wir tun so, als lassen wir ein paar Leute mitspielen“ oder „Ihr dürft auch ein wenig was machen, solangs keinen Schaden anrichtet und alles nach unserem Kopf geht“. Die Piraten arbeiten intensiv dran, diesen verstaubten Beteiligungsbegriff auf vollkommen neue Füße zu stellen, parlamentarische und demokratische Prozesse einfach mal komplett neu zu denken. Sie werden diese Ideen einbringen. Sie werden Modelle entwickeln und umsetzen, mit denen das Prinzip „Die regieren uns“ grundsätzlich in Frage gestellt werden kann. Sie werden andere Parteien dazu zwingen Farbe zu bekennen, sich nicht nur als Vertreter dieses Volkes zu gerieren, als die sie eigentlich gewählt wurden, sondern auch selbst diese Vertretung anzutreten, auszuüben und auszuweiten.
Ich denke, gerade auch, wenn man ein bisschen langfristiger denkt, kann aus einem recht breiten politischen Spektrum beruhigt Piraten gewählt werden, schlicht weil man davon ausgehen kann, dass das zu einer deutlich besseren Wahrnehmungs- und Beteiligungssituation führt als mit welchen „Volksvertretern“ und welchen Regierungskoalitionen anderer Couleur auch immer.
3. Lernwillen
Was mir bei den Piraten am meisten Spass macht, ist die Haltung zu (noch) fehlenden Kompetenzen. Dieses „können wir noch nicht alle alles, aber finden wir die Köpfe und Informationen“. Was bei anderen Parteien meist gelassen wird – man könnte ja meinen, jemand dort ist nicht allwissend – hat Prinzip: im Zweifelsfall fragt man in die Runde und denkt drüber nach. So kann man Prozesse und Politik hacken, so kann man über irgendwelche „war schon immer so“-Strukturen hinausdenken, so kann man insbesondere Sachen transparent mit allen diskutieren, die es angeht, ohne dass es in die übliche „Wir machen das schon, bleiben Sie ruhig und gehen Sie konsumieren“ – Scheiße reinrutscht. Dieser Lernwillen und diese Offenheit für hilfreiche Informationen macht die Diskussion und die Transparenz erst möglich. Ich erhoff mir da nichts weniger als eine durchaus drastische Entwicklung in der politischen Kultur. Man wird mehr von seinen Landtagsabgeordneten erwarten können.
Nochmal kurz zusammengefasst: Ich bin mir sicher, dass eine Piratenfraktion in der Opposition in NRW mehr positiv bewegt und verändert, als es welche Wunschkoalition auch immer könnte. Weiter bin ich mir sicher, dass wir diese Veränderungen brauchen und dass die anderen Parteien dazu weder willens noch in der Lage sind, die umzusetzen, ohne dass da eine intelligente Piratengruppe sitzt und das mal live und in Farbe tut.
*) Anmerkung: Ein wenig enttäuscht *fühle* ich mich diesbezüglich von der EU-Ebene. Im Europäischen Parlament sitzen zwei Piraten, Amelia Andersdotter und Christian Engström. Ich hatte mir eigentlich mehr Einsichten ins Funktionieren des EP davon erhofft. Es ist sehr gut möglich, dass ich das einfach nicht so *mitbekomme*, und, was besonders schön ist: ich kanns einfach anleiern, wenn ich will. Wir sind Mitmachpartei, und alles, was Transparenz schafft und Information zugänglich macht, ist erstmal gut und wird unterstützt. Wer sich auf die Fahne schreibt, nun vorrangig im Infotransport EP/Schwedische Piraten -> Deutschland tätig zu werden, wird das tun können. Und hat mit Sicherheit viele an der Seite, die die Infos weiterverbreiten und -verwerten.
meine tochta war heute morgen auch piratin, als sie in die kita gegangen ist.
Alles gut und klar aber wiso heißen die Piraten – PIRATEN??!
Es wirkt so kindisch..
Na ja. Meiner Meinung nach sind die Piraten genauso unorganisiert wie die Grünen damals. Ich lass die erst mal noch ein paar Jahre abhängen.
Außerdem ist zumindest der Punkt „Transparenz“ mittlerweile 1:1 von den Linken kopiert worden. Bewusst vage Formulierung, man weiß ja nicht wer von den Kommunisten von wem abschreibt ;-)
Außerdem kiffen die doch alle. Also links wie auch bei den Piraten in der Mitte.