Ich habe ja gelobt, einmal die Woche übers Bloggen zu bloggen. Ich glaube, das hier wurde auch schon einige Male gesagt, aber ich sags mal nochmal und denke, mit der dem Blogger eigenen Selbstgerechtigkeit hinzufügen zu dürfen, noch nie mit der praktischen Erfahrung und dem Hintergrundwissen, wie es bei mir der Fall ist. Bei diesem Thema gehört es ja gewissermassen zum guten Ton, darauf hinzuweisen, dass man schon ($usenetphrase, $neunzigerphrase, $Mailboxphrase, $Modemphrase, $c64phrase, $egalphrase) ok, abgehakt. Ich auch. Nun darf ich mitreden.
Jedenfalls, die Blogosphäre, wie ich sie verstehe, ist ein einziges großes Board. Nur bestehen extrem viele Möglichkeiten, zu filtern, auszuwählen, selektiv zu lesen. Ich hatte nie das Vergnügen, Leute auf Ignorelisten zu packen, irgendwie war ich immer und überall Admin, aber das Bloggen brachte mir bei, wie fein es ist, dass eine Community die Wahlmöglichkeit läßt, „Foren“ (Blogs) und „User“ (Blogschreiber und -kommentatoren) selektiv in ihrerseits thematisch und meinungstechnisch zu pushen oder auszublenden. Die „Blogosphäre“ kam mir vor wie ein ideales Universalforum, das einem selektiv die Möglichkeiten gibt, sich mit fruchtbarer Dissonanz auseinanderzusetzen, bei Gemeinsamkeiten zu kooperieren und sich bei Trollwahrnehmung aus dem Weg zu gehen. Das war im Usenet schwieriger, in den Boards dito, aber grade ist mein Eindruck der, dass es bei der Bloggerei nicht wirklich anders ist, auch wenn man nicht die Mühe hat, die Latte Tokiohotelfans aus der Blogroll zu schmeissen, wie man sie woanders hätte, sondern sie einfach nicht reinnehmen muss.
Usenet und Foren sind Opt-Out, Blogs sind Opt-In, das war so meine grobe Klassifizierung und der Grund, warum ich Blogs für eine technisch und sozial überlegene Nutzungs- und Vernetzungsform hielt. Wertfrei, will ich hinzufügen, weil ich davon ausging, dass alle gesellschaftlichen Gruppen die Möglichkeit hatten, sich gemeinschaftlich zu organisieren, an ihren Argumentationen und Standpunkten zu arbeiten und sie feinzuschleifen, ohne sich mehr als im gewünschtem Maß mit Trollerei und auch ernsthafter Kritik auseinanderzusetzen. Das hielt ich auch immer für die große Stärke der Blogs. Man kann ein- und ausblenden, wie es beliebt. Man kann sich mit anderer Meinung auseinandersetzen, wenn es den eigenen Meinungsbildungsprozess voranbringt. Vor allem: man kann sich über die Ansichten der jeweiligen Gegner informieren, selber seine Argumente schärfen und auf einer qualitativ besseren Ebene angehen, als müsste man sich nebenbei ständig mit Dummschwallern abgeben.
Mein Eindruck ist inzwischen ein entgegengesetzter. Die Blogs haben die Desorganisation der Boards reproduziert. Trollerei funktioniert unter Blogs ebensogut wie in Boards, in mancher Beziehung sogar besser. Die Selektivität der Auseinandersetzung ist nicht vorhanden – im Idealfall würden sich verschiedene „Lager“ gruppieren, um intelligente Argumente zu finden. Faktisch ist es so, dass eben dieser Prozess lahmgelegt wird durch Trollblogs, die dissen. Aus reiner Selbstgerechtigkeit, zur Befriedigung persönlicher Aversionen, weils Traffic bringt, egal. Ich hab schon ein paarmal über meinen Eindruck geredet, dass viel Disserei in den Blogs nicht mehr an konkreten Meinungen zu konkreten Themen hängt, sondern daran, dass eben eine konkrete Person eine gewisse Meinung vertritt (oder gar nur als diskutierbar erachtet), und sich daran dann sonstwer aufhängt und Meinungen zu wasweissich auch noch damit verknüpft, Person X scheisse, weill Meinung A, Meinung B auch scheisse, weil vertreten von Person X.
Blogs leisten im Gegensatz zu Foren vor allem eines: es ist einfacher, den Trollen den Boden zu entziehen, man kann leichter Grabenkämpfe ad personam abstellen. Faktisch leisten sie das nicht, im Gegenteil. Was in der Natur der Sache liegt, weil die Zensurkeule oft (und zurecht) geschwungen wird.
Mir fällt spontan nichts wirklich gutes ein. Blogs kommen mir, verglichen mit Foren, immer noch als das Werkzeug mit der größeren nutzbringenden Wirkung vor, aber was ich tagtäglich erlebe, belegt das nicht. Mein Verständnis von Gesellschaft wird sowohl von Blogs als auch von Boards geschärft. Das ist zugegebenermaßen trivial, aber die grundsätzlichen Stärken von Blogs, die Selektivität und der Möglichkeit, sich an einem Thema abzuarbeiten, das seh ich in der deutschen Blogosphäre nur bedingt, und seltsamerweise vor allem dort, wo typische Blogprinzipien nicht angewendet werden. Womit ich gar nichts schmälern will – da reissen einige Leute mehr, als ich jemals hinbekomme.
Wenn ich mir die momentane Werbungsdiskussion betrachte, kommt mir das kalte Grausen. Wenn das das größte Problem ist, das der deutsche Bürgerjournalismus aufgreifen muss, Himmel, mach hin dafür.
Jedenfalls, die Blogs haben meiner Ansicht nach das Potential, besser als Foren Wissen und vernünftiges Denken zu generieren. Grade hab ich aber den Eindruck, es passiert nicht wirklich. Im Gegenteil kommt es mir vor, dass die Blogosphäre grade Foren und Usenet reproduziert, und das gelegentlich im festen Vertrauen darauf, es anders zu machen. Mir liegt grade ein „Filtert mehr!“ auf der Zunge, mehr zusammen- und auseinanderhalten mit den Leuten, die fit im Hirn und auch ein Schmerz im Arsch sind. Ich hab leider keine Ahnung, ob ich damit richtig liege.
Ich wollts aber mal gesagt haben.
Schwaerme haben *keine* Intelligenz. Alle wollen in der Mitte schwimmen. Nur nicht allein oder am Rand zeigen, sie kennen es ja auch nicht anders… Und wenn mal doch etwas grossartiges passiert, gehts – in der Masse – unter. (Hach, ich mag solche wunderhybschen Bildchen einfach.)
Versteh den Gedankengang allerdings noch nicht so recht, wieso die Blogs Wissen und vernuenftiges Denken generieren koennen. Dazu muessten doch irgendwie die Schuppen (oder Brillen) vor den Augen abgerissen und aus dem eigenen Goldfischglas wenigstens herausgeguckt werden. Und wieso ausgerechnet die Hilfsmittel Blogs – trotz des theoretisch durchaus nachvollziehbaren Potentials – da eine besondere Rolle spielen sollen…
Es leuchtet einiges nicht ein.
Wieso ist es auf Blogs leichter Trolle fernzuhalten? Technisch gesehen funzen Blogs doch so wie Foren aus alter Zeit. Da es keine Registrierung gibt ist Trollen und Spammern doch Tor und Tür weit geöffnet.
Blogs kommen mir vor wie Foren, auf denen nur der Blogbetreiber ein neuen Thread aufmachen darf. Das selektiert natürlich die Leserschaft … weil man sich Leute die man Scheiße findet, nicht dauernd reinziehen mag.
Korrupt, was ist jetzt das Problem..? :o) Trollerei in Blogs? Daß die sich gegenseitig teils nur noch fertigmachen? Ja und, das tun manche doch sowieso und überall. Egal ob in Blogs oder Boards oder auf der Straße.
Blogs sind ganz nett, teils sehr interessant und reißen wirklich eine Menge. Größtenteils ist es aber nur Müll, der kein Schwein interessiert. Also kein Unterschied zu Boards, normalen Websites oder Vereine und Gruppierungen im RL. Da hocken doch auch nur die gleichen Menschen dahinter wie in echt, also bleibt alles auf dem Niveau der Wirklichkeit. Sinngemäß hattest Du das Niveau des g:b auch mal mit einem Querschnitt durch die Gesellschaft verglichen- mal von dem anderen Vergleich mit der Blödheit und dem Schwarzen Loch und so abgesehen. Mei, so sind sie/wir nunmal. :o)
Das wuerd ich nicht so sehen. Grade wegen der hoeheren Selektivitaet von Blogs im gegensatz zu Boards hatte ich da in der Tat Hoffnung, dass das besser funktioniert. Wie gesagt, Opt-in vs- Opt-Out, und Blogs haben die Tendenz (dachte ich jedenfalls), dass man auf konstruktive Sachen staerker reagiert als auf die Trollerei, und dass letztere leichter auszublenden ist.
Ich muss zugeben, grade die Geschichte mit Werbung in Blogs wurde ja an vielen Stellen auf recht hohem Niveau gefuehrt. Ich hab da beispielsweise einmal mehr die Geschichte beim Telegehirn verfolgt, das war durchaus erhellend. Ich bin anderer Ansicht, aber die Debatte dort hat mich weitergebracht.
Vergleiche ich das Niveau der Diskussion mit beispielsweise der ueber die Spendenkampagne beim gullibrett, dann ist die natuerlich auf einem reflektierteren Level abgelaufen. Dort wurde uns seinerzeit unterstellt, wir haetten wunder was unterschlagen, Server ausgebremst, mit dem Geld wasweissich gekauft, das ganze Spektrum.
Aber allein, dass das in der Blogosphaere so ein intensiv diskutiertes Thema wurde (und ich fall grade drauf rein und mach mit, verdammt), das macht mich an der ganzen Geschichte zweifeln. Grade, weil da diese typischen Schwarzweissmalereien wieder aufkommen, dieses Manichaeertum, hier die guten, da die Boesen, alles was die guten sagen, ist richtig, alles, was die boesen sagen, ist scheisse. Ich haette dem Prinzip Blogs da eine groessere Resistenz zugetraut. Sie haben eine groessere als die Boards, aber ich dachte, sie sei groesser.
Natuerlich bilden auch sie nur Gesellschaft ab. Was auch sonst? Aber Gesellschaft ist aufs Maul bei der Nazidemo, das Rammsteinkonzert in Boeblingen und die Tagung zum Internationalen Lernen 2002. Ueberall treffen unterschiedliche Ansichten und Gruppen aufeinander und setzen sich auf die eine oder andere Art und Weise miteinander aus. Die eine produktiver, die andere nicht. Und das ist eigentlich alles: ich hab da imo Blogs ueberschaetzt.
weist diese art von analrethorik zieht vielleicht in der gulli klapse und anhang, unter tatsaechlichen menschen die auch irgendwie noch im hier und jetzt verhaftet sind bleibt nur ein fragezeichen ueber. der pseudoanalytische charakter deines geschreibels + die vorab-selbstgeiselung, um den trollen die hier auschlagen den wind aus den segeln zu nehmen, hat auch programm bei dir. sollt man den spruch mit dem glashaus wieder bringen? nope, ich denk mal da sind wir schon alle drueber hinweg ;-)
vielleicht uebst dich mal nicht im erwachsen werden, sondern im konsequenten handeln, dann werden wohl nimmer die juenger bei dir auschlagen, aber vielleicht ein paar echte freunde. mach dich und andere glycklich, werd mal konsequent, gesinnung egal, hauptsache greifbar. in den blogs da findest du menschen, von einem hohen ross zum anderen quaken macht die sache auch nicht besser :-)
So. Jetzt kann ich halbwegs mitreden. Dank dem ersten Link zum Telegehirn-Blog, das ich noch nie gelesen habe aber mal demnächst reinschauen wollte. Von dieser Aktion mit Aufklebern hatte ich rein gar nichts mitbekommen. Darum dachte ich Du redest nur allgemein von Werbung und ebenso allgemein vom Rumgedisse in der „Blogszene“.
Ich sehe das zwiespältig, wie immer. Einerseits, mei, soll sich jeder selbst verkaufen soviel er will. Die Blogszene als größtenteils unabhängig im Sinne von resistent gegen Kommerzaktionen zu bezeichnen, fände ich falsch. Blogs, so sagte ich neulich mal, sehe ich zwar als Möglichkeit der intensiveren und freieren Berichterstattung und Meinungsäußerung, aber letztlich sind es nur normale Menschen, die von Medien und Kommerz beeinflusst werden. Ach, das hört sich wie so oft doof an, aber ich denke, man versteht es.
Vielleicht bist Du auch nur zu viel im Netz. ;) Ich meine, diese „Blogszene“ ist für mich eben auch eine enorme Scheinwelt, die sich fast alle Leute da zusammenbasteln. Blogs sind nichts anderes als die Möglichkeit für jeden noch so technisch unbegabten eine Website ins Netz stellen zu können, auf der man dann jeden jeden Kram posten kann. Ein Blog ist erstmal nur ein CMS, keine Kultur, um es mal ganz hart zu formulieren. Aber halt nicht komplett von einem Verlag/Label/Sender abhängig.
Worauf ich hinauswill: Dieses „ich blogge, also bin ich“ (wahlweise auch andersrum) scheint manchen in den Kopf zu steigen und so pushen sie ihre unwichtigen Themen und geilen sich am Ruhm der anderen auf, indem sie bei ihren geistigen Mentoren ein paar Kommentare ablassen und auf Reputation hoffen. Mehr ist das doch nicht. Kindergarten. Seine Zeit derartig wegen so einer Nichtigkeit wie dieser Aktion zu verschwenden, ist schon hart. Wobei man sich auch mal über die Jungens unterhalten könnte, die diese Firma betreiben, aber dazu müßte man wieder viel graben und das sind sie mir gerade nicht wert.
Mit Sicherheit wird es auch in der tollen Blogszene zu mehr Kommerz kommen und mehr Banner und Werbeartikel zu finden sein, virales Marketing inklusive. Auch das Rumpöbeln wird immer so bleiben, aber all das wußte schon Sokrates, oder Maddox, der doch erst vor kurzem sagte: „Part of the Blog community? It’s a CMS, not a social movement, (asshole)!“ ;o)
Die Werbedebatte halte ich fuer ziemlich bloedsinnig, es geht mir auch nicht um die als solche, sondern um den schlichten Fakt, dass sie ueberhaupt *gefuehrt* wird und auf welche Weise.
Dein Statement wegen „Kindergarten“ weuerd ich unterschreiben. Wie gesagt, mein Gedanke beim Beiragsverfassen war der, dass ich Blogs als „gigantisches Board mit technisch besseren Filtermassnahmen“ gegenueber diesem Kindergarten fuer resistenter gehalten hab als Boards, in denen man eben doch vieles doch liest, was man nicht erfahren braucht. Himmel, sie *ist* resistenter. Ich dacht eben nur, noch mehr :o) Was ich grade so lese, aehnelt an vielen Ecken eben dem typischen Trolltum auf Boards. Ich bin ja selber nicht besser, mit dem Groschen haben wir ein gutes Beispiel ja grade hier auch im Fred.
Ich faends halt schoen, wenn dieses Bloggen uebers Bloggen und das einzig wahre Bloggen endlich mal wieder vom Tisch waere und man sich wieder den Inhalten widmen koennte. Wird ja auch gemacht, und ich machs hier nicht. Von daher gelob ich jetzt einfach mal Besserung und hoer endlich auf mit dem Kommentar hier :)
Jetzt sehe ich das Problem also noch ein wenig klarer. Gut, dauert bei mir manchmal, aber in dem Fall liegt es an der nicht gar so großen Involviertheit in diese Blogszene, obwohl ich sie interessiert beobachte.
Des groschens Kernaussage ist letztlich ja nur, daß Du hier das gleiche machst, wie die anderen und so auch nix vorwärts geht, was ja alles noch soweit ok wäre. Wobei ich das nichtmal so unterschreiben würde. Albern daran finde ich allerdings, daß das mal wieder jemand ohne Namen sagt und hier gäbe es nun wirklich nichts zu verstecken. Ganz im Gegenteil.
Ich hab schon ein wenig die Hoffnung, daß Dein Geschreibsel ein paar der Jungs und (ach so) großen Denker dazu anregt, die Sache ein wenig gelassener anzugehen und die Selbstprofilierung zumindest auf einer anderen Grundlage zu führen, dem Bloggen ansich. Auch sehe ich den Text jetzt nicht wirklich als ein konkretes Mitdissen, sondern als allgemeines Philosophieren über die Interaktion und ursprünglichen Ziele des Bloggens.
Als Nachtrag muß ich sagen, daß ich die Blogosphäre doch für ein wenig resistenter halte, als ich zuletzt sagte, aber halt auch nicht so arg viel. Ok, Schluß. :)
Schlimm genug, dass hier von der Metaebene uebers Bloggen gebloggt wird, jetzt wird auch noch das Bloggen uebers bloggen auf die naechste Metaebene gehoben und gewertet. Und das von (min. einem) soziologisch geschulten Menschen…
Kommt mal weg von eurer Erwartungshaltung, samt dem wehleidiqen Diskutieren, falls diese nicht erfuellt wird… Die Revolution, das Sturmgeschuetz, die fuenfte Saeule (Gruesse an den Spiegel) oder auch nur das „Anregen“ ist ein bisserl arg viel Tobak.
Gucken und staunen.
Neu schreiben.
Wahlweise bei jedem Blog eine barrierefreie Gebrauchsanleitung dazugeben:
(nur) so blogge ich richtig.
madchiq, hast deinen Luhmann nicht gelesen? Das ist Beobachtung zweiter Ordnung :o)
Hab ihn gelesen… Luhmann neu erfinden waer mir zu nerviq. ;)
Falsch wiedergeben reicht allemal.