Als frischgebackener Wuppertaler wurde mir letztens in der Badewanne aus der Wuppertaler Neubürger-Image-Begrüßungsbroschüre vorgelesen und die Rede war unter anderem von Vorwerk. Dem Staubsaugerhersteller. Und nachdem die verbindenden Momente zwischen Schwaben und NRW gelegentlich doch von den jeweiligen Defiziten geprägt sind, kam mir hier eine schon länger zurückliegende Filmsache in den Kopf, in der sich schwäbisches und wuppertalerisches auf eine, nun, sagen wir doch eher sonderbare Art zu etwas verband, was ungefähr einer der seltsamsten und anrührendsten Dokumentarfilme ist, den ich kenne, der sowohl teils gruselig, teils schlicht absurd daherkommt. Es geht um Staubsaugervertreter für den Wuppertaler Hersteller Vorwerk in Ludwigsburg und Stuttgart sowie ihren Produkten sowie ihrer Klientel und der Film heisst „Die Blume der Hausfrau“. Und es gibt ihn auf Youtube.
Schwabens Abgründe: Kehrwoche, die provinziellen Vorstadtsiedlungen und die Seelensilos Stuttgarts. Eine Vertriebsmannschaft aus aller Herren Länder plus Verkaufspsychologietrainer, der auf Honoratiorenschwäbisch die Psychologie der Frau im allgemeinen und der sauberkeitsbewussten schwäbischen Hausfrau als Zielgruppe im besonderen erklärt. Auf eine Klientel, die unabhängig vom tatsächlichen Alter gefühlt in den frühen 80ern stehenblieb und ebenso wohnt (der Film ist von 1998, und man glaubts nicht, wenn man ihn sieht), werden ein paar arme Hunde von Verkäufern losgelassen, die provisionsbasiert Staubsauger und Zubehör an den Mann, überwiegend die Frau bringen müssen.
„Die Blume der Hausfrau“ ist ein recht langsamer Film. Himmel, es geht um Staubsaugervertreter und ihre Arbeit. Die Dialoge sind… ach, es ist schwer zu beschreiben. Verzweifelte Verkäuferheiterkeit stößt wahlweise/kombiniert auf schwäbischen bzw. zugewanderten Sauberkeitsfanatismus, Skepsis, Sparsam- und Schlitzohrigkeit. Es lohnt, auf die große Absurdität wie auch die kleinen Nuancen zu achten und sich gelegentlich dran zu erinnern, dass es da draußen im Zombieland *exakt so* zugeht.
Ich würde ja gern in Anlehnung an Tina Uebel sagen, dass hier nicht nur Schwaben und Wuppertal, sondern zwei Kulturen aufeinanderprallen, ohne Schaden zu nehmen, aber es trifft die Sache nicht. Eher, dass sich zwei Ausläufer spezifischer Regionen schon begegnen, durchdringen, whatever, aber das Ergebnis mit den Idealen der jeweiligen Perspektiven einfach gar nichts mehr zu tun hat. Ich glaube, ein gewisser persönlicher Bezug zu Schwaben wie auch zu Wuppertal sorgt jeweils und insbesondere in Kombination für erhöhtes Amüsement, nichtsdestotrotz ist der Film halt auch irgendwo trist, tragisch, irgendwo absurd und trotz allem drastisch wahres Leben.
Die Playlist gibts auch zum direkt auf Youtube gucken, dort heisst es auch, dass die DVD vergriffen sei, was ich nun nicht weiss, aber nun. Mehr Rahmendaten weiterhin bei der IMDb. Wie gesagt – man muss sich drauf einlassen, aber wenn man das tut, dann, jedenfalls meiner bescheidenen Meinung nach, lohnt es sich. Und irgendwann wird man auch erfahren, was denn die titelgebende „Blume der Hausfrau“ nun genau ist. Es gibt sie, tatsächlich.
Leider (zu meiner Schande) gerade erst entdeckt. Herzlich Willkommen in meiner Geburts- und seit 3 Jahren wieder Heimatstadt, du neuer Nachbar.