…hab ich ein bißchen Erfahrung drin. Wenn man mich fragt, dann denk ich natürlich zuerst an Job, Bude, Freundeskreis aufgeben und ab nach Bochum. Heute Abend beim Zeitunglesen fiel mir was anderes in die Richtung ein, was mich nachdenken machte, wie es der Rest der Welt (oder die Blogleserschaft hier) damit gehalten hat. Abgesehen vom Wegwerfen oder nicht wegwerfen von Teddybären, was hier mal schon thematisiert wurde.
Jedenfalls, mir fiel bei der junge Welt-Lektüre heute ein, dass ich seinerzeit mal wieder zu Hause war und wie immer gabs viel zu tun, aber ich wollt dann auch mal selber ausmisten. Meine Mutter hatte sich nen Schredder gekauft einige Zeit vorher, und ich nutzte die Gunst der Stunde, eine Latte an Tagebüchern, Kritzeleien, peinlichen archivierten Geschichten, Briefen und ähnlichem mehr zu wiederverwertbaren Zelluloseschnipseln zu verarbeiten. Vereinzelt guckte ich rein, aber ich stellte fest, ich erinnerte mich eh an vieles, und das meiste davon wollt ich eh auch nicht mehr wissen.
An dem Tag hatte ich meine Pubertät vernichtet, aufzeichnungstechnisch, und es verschaffte mir ähnliche Erleichterung als der Abschluss meines Studidaseins, das ich in Form einer gefühlten halben Tonne Altpapier meiner Vermieterin zur nächsten Altpapierabholung überließ. Ich erinnere mich, ich hatte ein erdenschlechtes Gewissen, weil ich ihr die Garage mit Stapeln von Kopien, Spektrum-der-Wissenschaft-Jahrgängen, Aufschrieben, Seminarpapieren und ähnlichem mehr vollstellte und vor Abholung eben schon außer Landes war, aber mehr als hochtragen war nicht, danach war ich eben weg.
An sich muss ich dazusagen, dass ich eigentlich ein Chaot bin und vermutlich zu viel aufhebe. Auf der anderen Seite – im Nachhinein bin ich an solchen Maßnahmen immer recht froh, sogar dabei hab ich das Gefühl, mir ne Last vom Hals zu schaffen, mich zu freuen, woanders angekommen zu sein, wo das keine Rolle mehr spielt. Mich von vor zehn Jahren, sorry, ich würds vermutlich keine zwei Bier mit mir aushalten. Da großflächig Kram vernichten regelt. Was an sich wohl recht einleuchtend ist und auch trivial – nur gings mir heute im Kopf rum, ob das normal ist, dass man so eine Lust dran hat, einfach Vergangenheit zu vernichten und sagen, so, weg. Klar ists immer noch alles passiert, aber gottseidank sind die eigenen Dokumentationen entsorgt. Und, wie im Falle des Altpapiers, sinnvolleren Verwendungszwecken zugetragen worden.
„Ja, Vergangenheit aufarbeiten regelt derbst!“ sagte die Stimme aus dem Off der Vergangenheit leise. Pragmatisch gedacht werden es Dir deine Bandscheiben beim nächsten Umzug sicherlich danken. Nur schade, daß es keinen äquivalenten Weg gibt die Dinge im Kopf derart einfach zu entsorgen. „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ zeigte ja schön, daß man immer wieder auf die gleiche heiße Herdplatte langen würde …
Ich bin ein grosser Freund der Verdraengung, wenn du das meinst. Ich hatte zuviel mit Freudianern zu tun, und neige selber zur These, dass viel, was da irgendwo untergruendig liegt, da auch vortrefflich liegen bleiben kann. Aber danke fuer den Filmtipp, der klingt spannend und den nehm ich mir vor.
btw., was ich schon immer fragen wollte: wie kommts zu dem Nickname?
Nachdem ich am letzten Wochenende das zweifelhafte Vergnügen hatte, nach Berlin zu fahren und meine dort seit fast fünf Jahren untervermietete Dreiraumwohnung aufzulösen, was u.a. ja zwei volle VW-Bus- und Kofferraumladungen zur Berliner Stadtreinigung zur Folge hatte: Nun ja. Der fatale Effekt, der sich bei mir schon früh eingestellt hat ist der „Wenn-man-schon-so-viel-angesammelt-hat-kommts-nicht-mehr-drauf-an“.
Spätestens mit der Entscheidung, ein Klavier zu besitzen ist sowieso jeder Umzug eine aufwändige Unternehmung, zwei, drei Alditüten alte Briefe machen den Kohl da nicht mehr fett.
Meine Pupertät und alles danach, kommt immer mal wieder zum Vorschein, wenn ich meine Post sortiere um bereits von selbst Erledigtes von evtl. noch zu Erledigendem und desweiteren von vlt. noch wirklich zu Erledigendem zu trennen und zu entsorgen.
Jedes Mal fällt da ein guter Stapel Zeux an, wo ich mich frag, wie man das aufheben konnte.
Aber: Briefe, Liebesbriefe etc. Wegschmeissen, herrje, ich luns‘ immer mal rein, lesen werd ich’s nie wirklich, aber wegschmeissen auch nicht.
Tagebücher und Tagebücherähnliches, sicher, das fliegt dann auch mal bei einer der näxten 2 aktionen dahingehend weg, aber sonst, naja.
Brücken abreissen, tolle Sache, kann man machen, ich für meinen Teil leb aber nich im Schwabenland, sondern – zum xten Male, in einem, wie ich demletzt ob der schönen Formulierung mich mit nem Kumpel gegenseitig die Schultern wundklopfen durfte, Welt-provinz-kaff.
Damit’s kein Roman wird und der Pulitzer- oder was auch immer-preis nicht an den Falschen geht, verbleibe ich hier mal so.
„Warum? Nein, tue es nicht…!“
Ich habe mal Klamotten weggegeben, von denen ich dachte, sie hätten was mit einem alten Ich zu tun, mit dem ich nix mehr zu tun haben wollte.
Ich vermisse meine schwarz-türkis-längs-gestreifte-stretch-Jeans noch immer! Ach, nie wieder werde ich so eine tolle Hose finden…
Und zu den Tagebücher und ich-kotz-mich-auf-Zetteln-aus. Ich hab sie in so einem Koffer, der wird alle Jahre mal aufgemacht und dann wieder weggestellt. Wie Du erwähntest, man erinnert sich eh an das Meiste und da ändert das Wegwerfen auch nix dran.
Interessantes Thema. Erinnert man sich trotz weggeschmissener Unterlagen und Briefe noch an die Vergangenheit, Kindheit, Jugend, Dinge, die man nicht mehr wissen wollte? Ich meine ja. Insofern finde ich auch, das bringt nichts und einmal aus diesem Grund wird bei mir nichts, aber auch rein gar nichts aus dieser Zeit, bzw generell persönliches, weggeschmissen.
Ich fand es auch immer wieder interessant in den alten Briefen etc verstorbener Verwandten zu stöbern, dieser Zeit näherzukommen, sie ein wenig verstehen zu lernen. Diese Erfahrung möchte ich meinen eventuell irgendwann mal doch noch exitsiterenden Kinder und den Horden von Menschen, die einst meinen Geist analysieren wollen und werden, nicht vorenthalten. Auch für mich selbst, wenn die Zeit mal wieder besser wird, ist es dann einen Erinnerung, die ich nicht missen möchte. Vielleicht sehe ich dann alles wieder ganz anders und kann vielleicht auch irgendwann mal über das ein oder andere lächeln, oder es nicht mehr ganz so ernst sehen.
Allerdings muß ich zugeben, daß ich die eigentlichen Erinnerungen in der Tat sehr gerne verdränge. Da ist einfach zu viel, von dem ich nichts mehr wissen will, weil es einfach nur kaputt macht und wieder Monate oder Jahre brauchen wird, bis ich es wieder vergessen habe. Insofern habe ich auch mein menschenmöglichstes getan, um jegliche Erinnerung an gewisse Dinge zumindest akut bis auf den letzten Rest aus meinem Kopf zu entfernen. Klar, Bewältigung wäre was anderes. Aber die suche und strebe ich auch nicht an. Scheiß drauf. Viel zu kompliziert.
Na klasse, durch das Thema muß ich jetzt doch wieder über das ein oder andere nachdenken. :o)
Ich nehms mir auch immer wieder vor so altes Zeugs zu entsorgen. Ich nehm mir dann eine riiieeeesen Muelltuete, hock mich vor meinen Schrank, reiss alles raus und dann faengts an: „das wegschmeissen? Nein. Das? Och noe, das kann man bestimmt nochmal gebrauchen…“ *g* Also werden 99,5 % der Dinge wieder zurueckgestopft und die Tuete auch wieder, weil die paar Teile kann man auch so entsorgen. ;-)
Hihi, aber ich habe mal einen Umzugskarton mit unbestimmten Inhalt entsorgt. Den hatte ich beim Einzug in den Keller gestellt und der stand da beim Auszug nach ueber 2 Jahren immer noch – unberuehrt und ungeoeffnet. Ich hab ihn dann so wie er war in die Tonne gekloppt, denn haette ich ihn geoeffnet, dann haette wieder das Thema angefangen „ach, das schmeiss ich dann doch nicht weg…“ und ich muss sagen, ich hab bis heute nix vermisst. Ich hab keine Ahnung, was in diesem Karton war. Das ist auch das einzige was mich bei der Erinnerung an ihn nervt; ich weiss definitiv nix ueber seinen Inhalt. :o)
also dieses pseudo-messi syndrom hab ich auch. war sogar mal richtig schlimm ( ala kinoeintrittskarten aufheben und so; oder schlimmer noch: teile der berliner mauer). an irgendwelchem zeugs behaftete erinnerungen, dinge, die zu so ner art „meta post-it“ für das eigene lebensmuseum werden, einfach wegzuschmeissen tut schon weh. das hat weniger was mit dem leben in der vergangenheit zu tun, als mit dem dinghaft dokumentiertem prozess der eigenen entwicklung. ohne die freudianer zu verteidigen, erinnerungen sind ja schön und gut aber greifbarer werden sie manchmal doch erst durch eine tasächliche berührung, einen geruch etc. auf der anderen seite hat net jeder raum fürn eigenes museum, der hdtv brauch ja auch platz.
*brutzel zustimm*
Wenn diese Dinge, die beim Anfassen die Erinnerung zurueckbringen, nicht mehr da sind, weil man sie weggeworfen hat, wird man sich auch nicht mehr an sie erinnern. Ich habs oft, dass ich irgendwas finde und dann dieses „achja … damals …“ Erst durch das Wiederfinden, Anfassen kommen viele Erinnerungen wieder und solche Sachen wegwerfen? Nienicht. :o)
Das ist wie, als wenn man im Radio ein Lied von Anno-dazumal hoert und sich an irgendwelche Situationen erinnern kann, wo man das Lied gehoert hat.