Utopiastadt, Zeit und die Philantrophie reicher Leute

Wir hatten heute Workout in der Gepäckabfertigung (Update: die WZ schrieb drüber :) )und ich muss ein paar größere Bögen schlagen. Kurzer Einstieg, was wir da grade machen, und dann ein paar Gedanken zu Projekten dieser Art und ein paar Nebenwidersprüchen des kapitalistischen Realismus.

Demontage solider Technik in der Gepäckabfertigung

Demontage solider Technik in der Gepäckabfertigung

Utopiastadt fiel ja hier gelegentlich und auch nebenan, es ist ein ziemlich großartiges Projekt in Sachen Stadtraumgestaltung, Vernetzung, und, ach, ich nenns einfach allgemein mal Empowerment. Hackerspace, Utopiastadtgarten, offene Werkstatt, Fahrradschrauber und -verleih, Foodsharing, ne fette Dosis Kunst, Kultur, Bierchen respektive Flora Mate. Dinge, die das Leben schöner machen, und die vor allem einem dabei helfen, das konkrete eigene Leben schöner und besser zu machen. Das Ganze in einem in akuter und laufender Fortentwicklung begriffenen Bahnhofsgebäude bzw. dessen Umgebung. Jeden zweiten Samstag im Monat ist Workout – Leute, die Bock haben, treffen sich, und bauen Utopiastadt weiter. Jeden ersten Samstag ist Gartenworkout – da sind wir weniger regelmäßig, aber auch irgendwie. Und heute war Special, weil die alte Gepäckabfertigung saniert wird und wir anfingen auszuräumen, Altlasten auszubauen, Fenster zu renovieren und so weiter. Den halben Arbeitseinsatz verbrachte ich mit der Demontage der Reste einer Telefonzentrale und dem Strom/Signalverteiler (glaube ich) für die Bahnstrecke. Ich hatte Spass. Und hinterher ein paar gusseiserne AEG-Kabelführungen über, die sich gar schick unterm Schreibtisch machen.

Hinterher haben wir gegrillt und uns gefreut, dass man doch ein ordentliches Stück vorangekommen ist. Irgendwann wird hierhin die ganze offene Werkstatt und dev/tal/ übersiedelt, und in die jetzige Werkstatt kann dann der Fahrradverleih rein, und dann kann der hässliche Drahtkäfig/Verschlag vor dem Bahnhofsmittelteil weg. Und ich bin nun seit einiger Zeit mehr oder weniger regelmäßig dort zugange, bin froh dran, dass gelegentlich dort Werkzeug zur Verfügung steht, das ich selbst nicht habe, kann mich abends noch auf nen Mate auf die Palettenliegewiese flaggen (und nebenbei gucken, ob mal wieder ein Klotz gewechselt werden muss), und wenn wo was ist, dann kann ich mir nen Schlüssel holen und was tun. Weiterlesen

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Depressions-Rollback: der Deutschlandfunk rollt fleißig mit

This is how we roll...

This is how we roll…

Ein paar Monate ists schon her, dass ich den neulichen Depressions-Rollback konstatierte: es wird mal wieder schick, die medikamentöse Therapie zu verdammen und die Leute in den Wald zu schicken, wo sie sich zusammenreißen sollten. Die belastbaren Fakten, die solche Statements an sich hinterfüttern sollten, fehlen durchweg, im Gegenteil sind die Überplacebowirkungen von ADs bestens belegt, haben wir bei steigender medikamentöser Therapie eine knapp halbierte Suizidrate in .de über die letzten 30 Jahre, trotzdem wird fleißig pauschalverdammt, was Millionen von Leuten hilft zu überleben, und meine These ist ja, dass das immer dann passiert, wenn sich zu lange keine Promis umbringen. Nun also der Deutschlandfunk, der das Spielchen von der äüßerst dünnen Basis, auf der man hoch hinauf die Clickbaits türmt, in neue, äußerst trübe Untiefen treibt.

Wir haben eine, eine! Patientengeschichte, bei der es um einen austherapierten Psychotiker geht. Wir haben die sonst auch immer gern genommene, „sensationelle“ Kirsch-Studie, der die zweifellos und insbesondere bei schweren Depressionen deutlich vorhandene Überplacebo-Wirkung von ADs offenbar nicht gut genug ist, um Patienten damit zu helfen. Wir haben ein geradezu bösartiges Zusammenschmeißen von „Psychopharmaka“, die generell in Frage gestellt werden, obwohl es in dreiviertel des Textes um *einen* Fall, und zwar eine Psychose geht. Weiterlesen

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http/2 und Google: Haben und nicht testen können

Zum Geleit: http/2 ist der aus SPDY hervorgegangene Nachfolger von http 1.1, das einige Vorteile mit sich bringt. Während http 1.1 ein File nach dem anderen rauswirft, je nach Filetype vielleicht komprimiert, und immer nur das, was der Client anfordert, macht http/2 da einen einzigen, binären Stream draus, komprimiert http-header, kann aktiv per Push gleich mitschieben, was der Client zum rendern braucht, aber noch nicht weiß, und läuft nebenbei standardmäßig verschlüsselt. Alle modernen Browser können http/2, und laut Wikipedia ist der aktuelle Durchdringungsstand bei den Webseiten grade bei um die 12%.

I can haz http/2

I can haz http/2

Stellt euch nun mein Erstaunen vor, als ich feststellte, ich trage mein Scherflein dazu bei. Die korrupt.biz (und diverse weitere Sites auf meiner Kiste) liefern bereits fröhlich http/2 aus und ich wusste nichts davon. Wie kommt das? (also das Nichtmitkriegen – die Servereinstellung wird ein Plesk-Default sein, der mit SSL aktiv wird) – Weil http/2 irgendwie seit 2015 so über den Wassern schwebt, so in der „HTTPS jetzt, alle!“-Welle und der AMP-Debatte dann aber ein wenig unterging, man es nirgends so recht sieht, wenn wo http/2 rennt, weil Google nie so richtig gesagt hat, jetzt aber, und vor allem: man merkts selber nicht und die Standardtools, selbst die bezüglich Speed/Ladezeiten erzählen allenfalls sehr versteckt davon.

Ob der Googlebot inzwischen http/2 kann, ist mir nicht bekannt. Das „konkreteste“, was mir diesbezüglich über den Weg lief, war folgendes Statement vom Search Console-Team:

Das will nichts heißen, es wurde vereinzelt als „er liests jetzt“ interpretiert, was mir ein bißchen gewagt vorkommt. Auch ansonsten weiß ich wenig, was den „echten“ http/2-Auslieferprozess einer Seite darstellt. Für Chrome gibts den http/2 und SPDY Indicator, der zeigt an, ob ne Seite per http/2 oder SPDY ausliefert, dasselbe von Cloudflare, da heißts Claire. Darüber stieß ich auch auf die (auch ohne die Extension aufrufbare) http/2-Eventcapturer-Anzeige von Chrome: die zeigt die laufenden http/2-Prozesse. Dafür einfach in die Browserzeile chrome://net-internals/#http2 reinwerfen. Weiterlesen

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Für die Zeitschrift für Sexualforschung…

…durfte ich im Nachgang zur Fachtagung Jugend und Pornografie einen Artikel schreiben, der jetzt in der Ausgabe 1/2017 erschienen ist. „Wie funktioniert der Pornografiemarkt im Internet?“ ist nun keine Fachpublikation fürs Onlinemarketing, sondern eine für die Zielgruppe aus Wissenschaft und sozialer Arbeit. Und dank Open Access darf ich sie auch auf meiner privaten Homepage veröffentlichen.

Nebenan machte ich ja wenig Worte drum, an der Stelle aber ein paar Anmerkungen und unvermeidliche Nachberichte. Der Artikel ist Ergebnis von gefühlten zwei Dutzend Neukonzeptionen, Überarbeitungen und insbesondere Kürzungen. Letzteres ist der Punkt, der mir im Kontext lesender Kollegen ein wenig Bauchschmerzen macht, denn wenn mich etwas am Ergebnis wirklich stört, dann die unvermeidlichen „Da fehlt aber noch…“-Effekte beim Lesen. Zur Einordnung: es gab eine erste Endfassung von ungefähr doppelter Länge, auf die die Ansage kam, es müsse gekürzt werden. Und kurz ist schwer, wie die Snippetoptimierer alle wissen :)

„Wissenschaftliches“ Hauptproblem ist die Datenlage. Wir arbeiten alle mit Daten und Metriken, die überwiegend den einschlägigen Qualitätsstandards nicht genügen (und nicht genügen können). Im Fall der *Vermarktung* halte ich das für entschärft dahingehend, weil die Akteure eben diese Metriken als Grundlage für ihre Arbeit nehmen: eine valide Datenquelle sind ein similarweb-Ranking und ein Searchmetrics-SI strenggenommen nicht, aber wir nehmen sie trotzdem, um die Reichweite einer Webseite einzuschätzen, weil wir nichts besseres haben. Weiterlesen

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Sinai Kamelsafari 2017: 8 Tage Wüste, nochmal

Nachdem wir vor zwei Jahren schon mal eine Woche fernab von zivilisatorischen Nebensächlichkeiten wie Handynetz, Wasserversorgung und andere Infrastruktur verbrachten, warum nochmal in den Sinai und acht Tage auf Kamelen oder eigenen Füßen durch die Wüste ziehen? Zwei von vielen Gründen: es war großartig, und ich glaube, kein anderer Urlaub hat mich so nachhaltig geerdet bisher. Außerdem sieht man sowas wie den Lagerplatz hier wahrscheinlich sonst nie und nirgends.

Lagerplatz von oben, Sinai

Lagerplatz von oben, Sinai

Wie vor zwei Jahren wieder mit mit Cornelia. Eine einzige Station kannten wir schon aus der vergangenen Tour: die Oase, die wir damals am dritten Tag besuchten, war unser erster Zielort. ansonsten kamen wir sieben Tage durch neue Gegenden im Sinai. Genereller Eindruck: „oasenlastiger“ – einige kleinere Wasserstellen mehr, die wir sahen auf der Tour – und allgemein „grüner“. Was daran liegt, dass wir einen Monat später unterwegs waren als 2015, aber auch, dass es in den vergangenen Jahren offenbar deutlich häufiger regnet.

Oasenpanorama, Sinai2017

Oasenpanorama, Sinai2017

Eine weitere Oase, hier wurden früher die Datteln geerntet, bevor die Beduinen dann weiterzogen auf eine Hochebene, wo Mühlsteine hergestellt wurden, mit allem zusammen ging es dann zum Handelsplatz, wo man Mühlsteine verkaufte und Waren für den Winter erwarb. Aber von vorn. Wir brachen auf, und untenstehend unsere beiden Kamele. Dieses Jahr hatte ich das junge, zickige (al’aschgard, „der weiße“, was mir Translate anders auswirft als ich es mir sagen ließ, aber vielleicht ne Dialektsache), und Rapscha, das autonome Kamel der Teuersten.

Aufbruch: unsere beiden Kamele

Aufbruch: unsere beiden Kamele

Der Schein trügt, es schnappt durchaus

Der Schein trügt, es schnappt durchaus

Gefühlt mehr selber gelaufen dieses Mal: etwas bergiger waren wir unterwegs und entsprechend passierten wir einige Bergpfade und Canyons dann zu Fuß, wo die Kamele dann einen anderen Weg geführt wurden. Weiterlesen

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HTTPS, a) alles ist gut? oder b) alles wird gut?

Kurzfassung: a) Nein. b) ich weiss es nicht genau, und ich weiss auch nicht genau, ob es eine eindeutige Antwort darauf gibt. Möglicherweise weiss das jemand anders, dann lerne ich gerne dazu.

Langfassung: Ich hab jetzt ne Latte HTTPS-Migrationen eigener Seiten und Kundenseiten hinter mir, und aus Marketingsicht ist ja mal das Gröbste in Ordnung, wenn die Weiterleitungen rennen, die Google-Properties neu bestätigt/verknüpft sind und keine obskuren Browser/Certwarnungen aufpoppen. Sobald man sich aber anfängt, ein wenig Gedanken um a) faktische Sicherheit und b) Erreichbarkeit zu machen, scheint mir sich da ein Spagat aufzutun, weiter einige notwendige Lernschleifen. Ich klopp einfach mal drei SSLLabs-Ergebnisauszüge hier rein.

Die Palettenbett.com, selber migriert auf eine LetsEncrypt-Default-Lösung via Plesk. Die hat insgesamt einen Grade A, alles an sich prima. Google ist glücklich, indexiert alles, aktuelle Browser und mein iPhone ebenso. Wir sehen ein paar kleinere Probleme, die ich analog auf einer Latte weiterer Seiten mit dem gleichen Setup auf dieser Kiste messen kann.

Ciphersuite-Unterstützung von palettenbett.com, ein Auszug

Ciphersuite-Unterstützung von palettenbett.com, ein Auszug

Wir sehen: FF-Varianten, die es hinter sich haben sollten, kommen mit HTTP/2 nicht klar. Wer mit IE6/XP unterwegs ist, hat generell ein Problem, nicht deshalb, weil er nicht auf meine Seite kommt. Bei 8/XP fällts mir schon schwer zu lästern, wer weiss, wer warum dazu gezwungen wird. Was es mit der java6-Kiste auf sich hat, kann ich ehrlich gesagt nicht einschätzen. Chrome 49 *sollte* mir an sich egal sein, aber stellt euch meine Überraschung vor, als ich feststellte, das das nach wie vor die Engine vom Chromium auf meinem hochaktuellen Kubuntu-Linux ist. Dasselbe gilt für Chrome auf alten MacOS-Varianten. Ich ließ mir sagen, dass letzteres keine komplett ungängige Situation sei, weil es teure Software gebe, die MacOS-Updates irgendwann zu einer kostspieligen Angelegenheit machen wegen Lizenzwechsel/Switch von Kauf- zu Mietsoftware. Details sind mir nicht bekannt, aber nun.

Weiter gehörte Aufrufprobleme: unbekannte Opera-Varianten, die auch nicht korrekt die Ciphers aushandeln. Grundsätzlicher Gedanke:
– kann ich mir jetzt aussuchen, ob auch veraltete Kisten auf meine Seiten kommen, und dafür das SSL angreifbar machen,
– oder die alten Kisten aussperren und nur vernünftige Krypto anbieten?
– Oder kann ich irgendwelche Fallback-Strukturen so arrangieren, dass auch zumindest vertretbar veraltete Clients eine Chance auf ne Verbindung haben, ohne dass ich geknackten Murks implementiere?

Werfen wir einen vergleichenden Blick auf das Gesamtrating von Facebook.

Facebook-Gesamtrating. B ist offenbar gut genug.

Facebook-Gesamtrating. B ist offenbar gut genug.

Da wird beispielsweise RC4 noch genommen, das Schneier als durchaus plausibel hackbar betrachtet und welches sein eigenes „Darf man nicht mehr in TLS verwenden“RFC bekommen hat. Gespräch mit Axel heute darüber: am plausibelsten scheint uns, dass Facebook da keine Wahl hat, weil ein nicht unbedeutender Teil seiner Milliardenuserschaft mit veralteten Smartphones in Schwellenländern sitzt und schlicht keine Möglichkeit dazu hat, einen moderneren Browser/ein moderneres mobiles OS zu nutzen, das mit was besserem klarkommt.

So, und jetzt ein Problemfall.

Je nach Betrachtungsweise ein klarer oder ein schwieriger Fall.

Je nach Betrachtungsweise ein klarer oder ein schwieriger Fall.

Das rennt überall. Die Browser werfen freudig grüne Schlösser, die Migration sieht tadellos aus, aber von RC4 muss ich gar nicht anfangen, weil fucking SSL 3.0 dort rennt und da der Poodle zuschlägt.

Einem Kunden in so einer Situation ein „Hey, das geht so nicht“ durchzugeben, ist per se nicht die Frage. Ist sicherheitsrelevant, muss raus, gegessen. Jetzt aber der Fall, dass man weiss, da sind ein größerer Teil der Klientel auf Altgerät unterwegs? Jetzt die Serie der Phantom-Updates, von der die Weisen sagen, sie habe mit Contentqualität und Usersignalen zu tun, was ist denn los, wenn ich eine Seite raushaue, die dann meinetwegen 0,8% der Nutzer *vollkommen zurecht* mit nem Cert Error wegschickt, aber die eben den Back-Button zurück zu den SERPs klicken und eine dieser großen braunen „Die Seite ist scheiße“-Fahnen Richtung Google schwenken? Ich *glaube*, dass das Google möglicherweise kapiert, aber recht sicher bin ich nicht und vor allem, das ist eine dieser Geschichten, die einem Kunden schwer vermittelbar sind, sollte er grade eine auf den Deckel bekommen haben. „Es ist für die allgemeine Sicherheit des Internets“, ja, und für die der Cookies seiner online zahlenden Kunden. Mich würde das überzeugen, aber ich sitz auch abend um halb acht da und tipper meine Verzweiflung ob der Komplexität diverser Ciphersuite-Fallbacklösungen ins Netz. An sich denke ich, sobalds um mehr als eine verschlüsselte Übertragung ohnehin öffentlicher Seiten geht (also schon mal definitiv auf jedem Shop), geht Poodle-Anfälliges gar nicht mehr. Bei loginfreien Geschichten käme es an sich nicht wirklich drauf an, aber mal ernsthaft: wegen Software, die schnell im Feuer sterben sollte, jetzt die Fallbacks eruieren, die man mit einigermaßen gutem Nachtschlaf noch vereinbaren kann, und an sicherheitsrelevanten Serverconfigs rumpfuschen?

Muss man da nun als Onlinemarketer auch noch zumindest in den Basics durchsteigen? Einem Techie fundiert sagen können, was machbar ist und was welche Nutzer rauswirft und was nicht? Das wollte ich als Schlussfrage mal offenlassen, und dann spült es mir noch diesen bemerkenswerten Text rein, dass das Internet zu einer Lovecraft-Geschichte geworden ist und ja, Cthulhu erwacht, und ein paar Leute sollten die Risse zwischen dieser Welt und dem namenlosen Grauen weiterhin stopfen.

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Flüchtlingshilfe, ein paar Gedanken und Geschichten

Vorneweg: Eine Portion Rechner hatte ich ja sukzessive deutsch/englisch/arabisch für Flüchtlinge eingerichtet und den letzten letztens bei einer Familie untergebracht, dazu gleich die Geschichte. Falls ich jemanden im Umkreis hab, der wo arbeitet, wo gelegentlich noch Lubuntu16.04-taugliche Rechner ausgemustert werden, die man für wenig Geld weiterverwerten könnte, ich hab immer gern so ein paar als Reserve dastehen und bin für Hinweise dankbar :)

Folgendes ist eine Geschichte, wie sie wahrscheinlich zuhauf passiert, aber ich finde, sie sollten auch erzählt werden. Meine Teuerste macht regelmäßig Flüchtlingsberatung, und in dem Kontext bin ich dann gelegentlich zugange, wenn wo ein Rechner gebraucht wird oder bei Bewerbungsschreiben etc., und so ergab es sich, das wir mit eingerichtetem Rechner zu einer Familie fuhren, wo es an selbigem eben mangelte.

Es war recht amüsant, dem einen achtjährigen Sohn zu erklären, wie man die Benutzer/Sprachen wechselt, der dann dem Vater und den Geschwistern erklärt, wie das geht – er darf zur Schule und kann deswegen am besten Deutsch, für den älteren Bruder gibts noch keinen Schulplatz und der Integrationskurs für den Vater ist irgendwann in sechs Monaten. Die Schwester ist gehbehindert und dass sie eine Wohnung im dritten Stock bekommen haben, macht ein Übriges: sie kann nur extrem schwer die Treppen steigen. Mit Rechner können sie immerhin nun online Deutsch üben, bis es dann Schulplätze und Kurs gibt. Weiterlesen

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Der Programirer

Es fiel mir letztens beim Sortieren von irgendwas entgegen: „Der Programirer“ ein Ausdruck, den mir irgendwer vor -zig Jahren mal während meiner Zeit als PC-Hiwi im Computerpool an der Uni Tü an den Arbeitsplatz gelegt hatte, wenn ich mich richtig erinnere. Es erinnerte mich an eine der Uralt-„Humorkritik“-Ausgaben der Titanic, wo mal ein Buch über Bürohumor besprochen wurde, die immergleichen, hundertmal kopierten Zettel mit Bürojokes, „Arbeitswoche“-Snoopy-Verballhornungen, „Vor zwei Wochen wusste ich noch nicht, wie man Indschenör schreibt, und jetzt bin ich einer“-Sprüchen und was es an zeitlosen Gags der Schreibtischarbeit noch so gibt. Tenor der Buchkritik war, dass die Büro-Witzkopien gemeinhin meist wenig originell waren, aber einige kleinere Schätzchen durchaus kursierten. Jahre später kommt es mir wie eine Vorwegnahme heutiger Memkultur vor.

Bei der die Techies und Sysadmins meiner Ansicht nach immer gut dabei waren und schon früh die Latte höher legten – ich erinnere mich insbesondere noch an die „Choose to sysadmin“-Trainspotting-Persiflage, mit den „matching combat boots, die verschaffte mir einen der ersten „Oh, die meinen mich“-Effekte, als die irgendwann dort über den Aufsichtsrechnern hing.

„Der Programirer“ ist eine, nun, vielleicht nicht so direkt zum „Fick, ja!“-schreien animierende Illustration, aber irgendwie freute ich mich sehr, als sie mir in die Hände fiel, die Google-Bildersuche spuckte zur Überschrift nichts bildliches aus und so bin ich guten Mutes, einen ansonsten vielleicht verschollungsbedrohten (? was ist denn das „läuft Gefahr, verschollen zu werden“? Überhaupt, Präsens verschollen?) Vorläufer der Bayeux-Memes für die Nachwelt zu erhalten.

Der Programirer

Der Programirer

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33c3, Rückblick: wo bleibt das Positive?

33c3, drei von vielen Welten

33c3, drei von vielen Welten

Himmel, dass ich mal so einen Blogeintrag überschreibe. Abgesehen davon, wie mutmachend es trotz vorher geäußerter Bedenkenträgerei ist, mit 12.000 feinen Menschen einen Congress zu machen, dessen Selbstorganisationsproblem sich weitgehend damit beschreiben ließ, dass es mehr freiwillige Helfer als notwendig gab? Vier Stockwerke voller Schöner Dinge.

Im Hackcenter liebte ich dieses Jahr den XKCD-Malroboter. Eine Filzstift-Abstoßer-Zahnriemen-Gravitationskombi, die XKCD-Comics malte.

XKCD-Malmaschine.

XKCD-Malmaschine.

Letztere hingen in über die Zeit wachsender Zahl in der Gegend der Metalab-Außenstelle. Die war an sich direkt nebenan, um die Aaaaaaa…-Assembly (diverse österreichische Hackergruppen, u.a. der für den XKCD-Bot verantwortlich zeichnenden realraum, danke an MacLemon für den Hint) zwei Tische weiter nun Chaos West und meine Aussicht, wenn ich mal an der Kiste saß.

Works for me, Anfang, und works for us, einige Stunden später. Nerds anlocken ist einfach, man muss nur einen unbenutzten Tisch mit LAN und Strom erschließen. Anschließend ne Runde drehen, dann sind alle Ports besetzt und man wird vor dem Platznehmen freundlich drauf hingewiesen, dass man hier leider kein Gigabit-Ethernet habe.

Aussicht von der Homebase

Aussicht von der Homebase

33C3. Plasterouter works for us.

33C3. Plasterouter works for us.

Winkekatzen. Sie sind wichtig, gar systemrelevant, beispielsweise als Testbildmotiv im VOC. Man traf auch auf paranoidere, alubehütete Zeitgenossen.

33c3, Testbild im VOC

33c3, Testbild im VOC

33c3, Alubehütete Winkekatze

33c3, Alubehütete Winkekatze

Und wo keine (mehr) waren, da wurde ihr Fehlen mit angemessenem technischen Aufwand beklagt. Ich präsentiere: die traurigste Laufschrift ever:

Argh, jetzt wurde ich doch etwas betrübt, ich wollte doch positiv bleiben. Die Katti werkelt bei Calliope, lernte ich bei den Coffeenerds, und einen fertigen und einen Prototypen hatte ich dann auch in der Hand und fand das Projekt allerliebst – Kleincomputer zum Coden lernen für ab Grundschule. Kluges Konzept, passende Features/Hardware und man kanns noch bis 15.1. crowdfunden: aktuell kommen sie mit dem Produzieren nicht hinter dem Bedarf her. Mich würds freuen, wenn das weiter wächst und gedeiht. Nachdem hier nun der dritte Rasbpi an den Start ging, wollte ich ein wenig nach spannenden Anwendungsfällen für Einplatinencomputer Ausschau halten, aber irgendwie ist mir nur der Calliope untergekommen.

Ansonsten ein Dialog bei Mitch/Hardwarehacking, wo ich noch zwei Kits fürs Heimverbasteln einpackte und gerade eine Mutter mit ca. sechsjährigem Kind am Aussuchen war, was es zum Einstieg löten konnte. Sie meinte, eine der „I can solder“-Badges sei ja schon cool, ich merkte an, dass die Trippy Waves auch einfach zu löten seien und spannender. – Ja? – Ja, ich mach die öfter, weil die bauen wir immer in die Köpfe unserer Tiere ein. – Befremdeter Blick, Verhaspelungen beim Erklären, dass es um Pappmache-Tiere mit Leuchtaugen geht.

Die Bauinspirationen waren dann weniger feinelektronischer denn grobmotorischer Art. TIL: Paletten sind systemrelevant, und die Hängemattenkonstruktionen in einer der Lounges schienen mir irgendwie utopiastadttauglich. Ich glaube, ich will sowas bauen.

Paletten sind systemrelevant

Paletten sind systemrelevant

33C3, Hängematten-Konstruktionsinspiration

33C3, Hängematten-Konstruktionsinspiration

Um nochmal mit einem Makel in was angenehmes einzusteigen: ich muss den massiven Rückgang der Dildopräsenz anprangern. Früher waren mehr Dildos, und ich wünsche mir bei allem ansonsten fortschrittlichen Denken meinerseits eine Rückbesinnung! Eines Abends stiefelte ich zu den Kinkygeeks und wollte von ein paar berufeneren Menschen wie mir ihre Einschätzung zur Entwicklung an der Sextechfront haben. Hintergrund die Porn-Fachtagung letzten April und der seitdem irgendwie kontinuierlich andauernden Auseinandersetzung mit dem Thema.

Das ist niedriger Nacht-Videotraffic

Das ist niedriger Nacht-Videotraffic

Stellt sich raus, die Leuchtdildos vom letzten Jahr waren von einer heuer nicht anwesenden Hedonistengruppe, weiter ergab sich beim Vorstellen des Hintergrunds meines Reinplatzens und Rumfragens eine längere Unterhaltung zum Thema Porn, Jugendschutz, Empowerment und Normalisierung von Lebensentwürfen, und irgendwann war die Nacht rum, fixte der Mate die Augenlider nicht mehr richtig und war der Videotraffic auf sehr nächtliche Level abgesackt.

Ich meine, es war der erste Tag, und da war der Schlafrhythmus noch vollkommen unangepasst, und so ergab es sich, dass ich nach drei Stunden wieder in einem Talk saß. Mikroskope!

Mikroskopie mit freier Software

Mikroskopie mit freier Software

Auch so eine der „Ach, ich bin wach, es ist noch kaum wer da, und die Sciencegeschichten auf YouTube guckst ja gerne“-Spontananguckereien, und was soll ich sagen. Einer der erfreulichsten Talks, die ich mitbekam, und das trotz eines mir eher fremden Themas. Da bauen Leute Software zur Bildbearbeitung und -schärfung, die wiederum ermöglicht, ansonsten millionenschwere Mikroskopietechnik zu Preisen und mit Leistungen bereitzustellen, die im reichen Westen den Unterschied machen, ob da auch mal ein Studi im Praktikum mit schwerem Gerät rumspielen kann oder nur die Handbücher lesen darf, oder ob eine geile Mikroskopiediagnostik in einem weniger entwickelten Land überhaupt bereitgestellt werden kann oder eben nicht.

SHA, Sowjetmacht plus Elektrifizierung.

SHA, Sowjetmacht plus Elektrifizierung.

Bringen uns diese Dinge weiter? Ay, Revolvermann, meilenweit weiter bringen sie uns.

Und sonst? Ebookwarez wirkten schwächer auf mich dieses Jahr, und ein 12GB-.mkv des kinox-Camrips von Rogue One ist, nun ja, tapfer :) Bis zum Camp muss ich rausfinden, wie FTP auf IPv6 vernünftig funktioniert. Überhaupt, Camp. Im Sommer ist Camp! Und ich find das Plakat schon so derb hart fickend geil, ich freu mich. SHA2017, Sowjetmacht und Elektrifizierung, wir sehen uns.

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33C3, ein Rückblick von mehreren

33C3. Ein Stern.

33C3. Ein Stern.

Dieses Jahr fiels mir schwerer als sonst, die Jahresdosis Zuversicht und Glaube an die Menschheit zu tanken. Mag sein, dass es dran lag, dass doch sehr stark die allgmein beschissene Situation thematisiert wurde, dass selbst eine großartige Geschichte wie Searchwing (drohnengestützte Seenotrettung im Mittelmeer) bei mir irgendwie mit dem „es ist zum Kotzen, dass wir sowas brauchen“ hängenblieb.

Drohnen zur Seenotrettung im Mittelmeer

Drohnen zur Seenotrettung im Mittelmeer

Karten und Drohnen waren so ein bisschen latenter Schwerpunkt bei mir, das Thema Raum, Erschließung/Aneignung stupst immer ein wenig was in mir an, und nachdem ich mir vorgenommen hatte, ein wenig mehr in die „springt mich jetzt nicht direkt an“-Talks zu gehen – nachdem man in anderen Bereichen einfach „eh drin“ ist. „A new dark age“ von James Bridle war eine Mischung zwischen Kunst, Datenanalyse und Performance und möglicherweise ein „Nochmalangucker“, weil ich das Gefühl hatte, einiges nicht verstanden zu haben. Hintergrund ist die Erfassung immer größerer Datenmengen, die unser Agieren in der Welt bestimmen. Das aber naturgemäß fehlerhaft, egal, wie detailiert wir analysieren, Stichwort Wettervorhersage. Bedingt wird das unter anderem auch durch die spezifisch technische und damit abstrahierte sowie mit ihren eigenen Artefakten behaftete Erhebung dieser Daten.

Drohnenshilouette, Originalgröße

Drohnenshilouette, Originalgröße

Beispiel Artefakte: Satellitenbilder nehmen gelegentlich Verkehrsflugzeuge auf, die dann als langgestreckte Überlagerung mehrerer Bilder des Flugzeugs in mehreren Farben erscheinen, was an der Bildschärfung nach Farbkanälen liegt, die bei Satellitenbildern erfolgt. Bridle malt diese farbversetzten Flugzeugshilouetten originalgroß auf den Boden. Ob sie in Satellitenbildern wieder auftauchen, weiß ich nicht, aber es wäre ein schöner Loop eines technischen Artefakts in die Wirklichkeit und zurück.

Andere Aktionsform: Drohnenshilouetten. Nachdem den meisten Menschen trotz vieler Beriche zum Thema nicht nachvollziehbar sein *kann*, wie man unter Drohnenüberwachung und latenten -schlägen lebt, malt er auch hier originbalgroß die Shilouetten in Städten auf den Boden.

Ähnlich im Übrigen „Berechnete Welt„, wo Karl Urban erfreulich unaufgeregt ähnliche Überlegungen von Wettervorhersage zur „Weltvorhersage“ machte. Ich bin ja gern skeptisch, was „Big Data“-basierte Prognosen angeht, aber er differenzierte da zwischen Short- und Longscale (zB. Technikfolgenabschätzung) und den jeweiligen technischen/prognostizistischen Limitierungen. Beispiele: Korrelationen zwischen langfristigen Wetterwechseln und Epidemien, mit denen erfolgreich ein Choleraausbruch prognostiziert werden konnte, aber auch entlang von Social Media-Analysen vor gesellschaftlichen Unruhen. Interessante Beobachtung dabei: Zunehmendes Scheißebrüllen ist eher weniger relevant, zunehmende Koordinierung/Gruppenbildung hingegen schon. Beunruhigende Beobachtung dabei: die Zensur in China sei bezüglich reiner Ablehnung des Regimes auf einer ziemlichen Laissez-Faire-Schiene: man kann durchaus laut sagen, dass einem das System stinkt, die Löschquoten sind da unauffällig. Alles, was aber mit Multiplikatorenabsicht rausgehauen wird, hat wiederum extrem hohe Löschquoten: er schließt daraus, dass hier durchaus schon systematische Analysen stattgefunden haben. Unmutsäußerungen werden, da folgenlos, stehen gelassen und alles, was tatsächlich Dynamik entfalten könnte, wird gezielt im Keim erstickt. Man kriegt den Eindruck, man könne sich durchaus frei und kritisch äußern, faktisch wird aber nur sehr effizient, quasi minmimalinvasiv und mit maximalem Effekt zensiert.

Guerillabeam

Guerillabeam

Guerillabeam-Beam

Guerillabeam-Beam


Fahrbarer 3D-Drucker

Fahrbarer 3D-Drucker

Ich denke, man sieht das Problem: aus solchen Sachen geh ich raus und hab das Gefühl, gleichermaßen klüger und ratloser geworden zu sein. Draußen sind schöne Dinge – Pixelhelper in klein kann man mit 3d-gedruckter Halterung und einer ordentlichen Taschenlampe machen, und die 3d-Drucker wurden praktischerweise auch schon mobil. Viel Kunst und Schönheit gabs, aber trotz ein paar Tage Sackenlassen ists grade etwas anders als die vergangenen Male. To be continued.

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