Auf Twitter scheinen ein paar Sachen an mir vorbeigerauscht zu sein. Ich war verwundert darüber, warum es gelegentlich en vogue zu sein scheint, Leute zu dissen, die Cryptotools bauen, woher der „Ich find Snowden noch cooler scheiße als ihr“-Wettbewerb kommt, dass es irgendwann mal uncool geworden sein muss, am Gerät was zu können und hatte das Gefühl, das ist so ein allgemeines Ding geworden: wer mehr Leute scheisse finden kann, gewinnt. Drin bevor „Darum gehts nicht“, mein Punkt ist eher, dass vieles auf mich eben *so wirkt* und ich nicht recht weiss, ob das im Sinne der Erfinder ist.
Ich weiss nicht, ob ich da zu viel in eine Tonne werfe, aber mir scheint, als ob viele der jüngeren Debatten in die Richtung gehen: statt nach den gemeinsamen Nennern zu gucken, ist der Fokus dort, wo man sich maximal abgrenzt. Positiv gewendet, mag das sinnvoll sein: Zuspitzung der eigenen Position, Klarmachen der Kritikpunkte. Auf der anderen Seite nimmt man sich Anschlussmöglichkeiten noch und nöcher.
Es mag der eigenen Profilierung guttun, wenn man Fefe nur noch wegen des Sportteils liest und ansonsten empfiehlt, über alles Kryptofeenstaub zu pudern. Nur scheint mir das eine Blase in der Blase zu konstruieren, mit der man sicher sein kann, die eigene Position nicht mehr überzeugend vertreten zu müssen, weil das kein Mensch mehr kapiert und ja eh alle anderen scheisse sind. Nun bin ich ein großer Freund der Haltung, dass am Ende alles auf Zynismus und japanische Pornografie rausläuft, aber damit gebe ich natürlich alle Ansprüche auf, ob an mich oder die anderen, irgendwas zum Besseren zu verändern.
Auslöser bei mir war eine kürzere Twitterunterhaltung, bei der ich auf leitmediums Diskussionsbeitrag zum „Right to be left alone“ hingewiesen wurde, an dem sich eine Debatte über die Verpflichtung von TOR aufhing, Anleitungen zum Blocken des eigenen Dienstes zu schreiben. Nun würde ich persönlich hier einfach sagen „Nein, muss TOR nicht. Sie sollen sich verdammt nochmal drauf konzentrieren, ihr Tool sicher zu halten.“ und in der besten aller möglichen Welten würden sich daraufhin alle daran machen, das zu tun, was sie am besten können: die einen entwickeln wichtige Tools zur Anonymisierung, an deren Funktionieren gelegentlich Leben hängen, und die anderen schreiben schöne Howtos, wie sich trotz der Existenz von TOR einigermaßen belästigungsarm das eigene Blog betreiben lässt.
Allein, die Welt ist gelegentlich eher so mittel und so gab es scheinbar eine dickere Debatte über das Ermöglichen und Befördern von Harassment und (so vermute ich) allerlei Gebashe auf den Nerdpride und den Techwahn und dass man die Klappe halten soll, wenn man seinen Kernel nicht selber kompilieren kann. Das schlimmste ist, ich bin mit dran schuld, dass die Welt so mittel ist, denn an sich liegt mir auf der Zunge, dass das die guten alten Firstworldproblems sind angesichts dessen, dass an den anderen Prioritäten eben hängt, ob man in irgend einem Folterknast verschwindet oder eben geschützt bleibt. Man kann das Spielchen wahrscheinlich zum Erbrechen weiterspielen und ich denke, einige haben das bereits getan, daher auch der ganze Zynismus und das ganze Gebashe. Wie gesagt, es wär meiner Ansicht nach viel geholfen, wenn man sich wieder stärker darauf konzentrierte, was a) man jeweils am besten kann und b), (und das ist ein wichtiges b)!), vor allem, was *die anderen* am besten können.
Ich persönlich kann durch meine altersweise und gelassene Art sowie der mir gegebenen Fähigkeit, Widersprüche auszuhalten, Streit zu schlichten, Frustration zu lindern und allenthalben das Beste in meinen Mitmenschen zu sehen, zu fördern und zu lieben, hier hoffentlich versöhnend und motivierend wirken. (das muss ich jetzt mal selber lesen und wirken lassen. Das schlimme ist, ich glaub selber nicht dran und tret auch gern zu, aber dazu noch weiter unten).
Rekurs zum Anfang. Ich glaube, hier werden schlicht Erwartungshaltungen aufgebaut, die auf allen Seiten unrealistisch sind, und das gleich auf mehreren Ebenen.
- „Technikkritik“ verlangt von den Techies, dass sie die kompletten sozialen Probleme mitlösen
- Techies verlangen von allen Nutzern, sich das entsprechende Knowhow als „Kommunikationskompetenz-Analogon“ anzueignen
- In der Folge wird jede an sich fruchtbar gedachte Teilhabe-Diskussion zuverlässig zu einer Diskussion um die Zuordnung von Verantwortlichkeit bzw. Schuld
- Zu guter Letzt scheint mir da eine Art „gruppendynamisches Peter-Prinzip“ auf: jeder wird qua Verantwortungszuweisung dazu getrieben, sich ausgerechnet auf den Feldern zu betätigen, die er schlechter beherrscht.
Nun glaube ich seit längerem nicht mehr an kurz- und mittelfristige Umsetzbarkeit von Ideen, die mit „Wenn alle stattdessen…“ anfangen. Weiterlesen