Anläßlich der 20 Jahre seit der Versteigerung der „teuersten paar Meter Luft“ jemals blickt heise auf die UMTS-Versteigerung zurück, und ich tu es auch. Wie es das Schicksal wollte, gehörte ich zu den wenigen, die von den knapp hundert Milliarden ein bißchen was abbekamen, und das kam folgendermaßen.
Wir schrieben das Jahr 2000, Ruppsel war grade mit der Uni fertig, hatte einiges zum Thema Internet/neue Medien in der Soziologie geforscht und war auch in der Pädagogik mehr in Sachen Rechner und PC-Poolbetreuung engagiert gewesen als in den klassichen Feldern, sieht man von der Jugend- und Migrationsforschung ab. Und suchte nach einem interessanten Betätigungsfeld, nach Möglichkeit mit Option auf Promotion. Aus letzterem sollte nichts werden, aber es gab eine Ausschreibung zur pädagogischen Begleitung und Evaluierung des Einsatzes von Notebooks und WLAN in der universitären Lehre in Stuttgart, und es lag nahe zu vermuten, wenn sie mich da nicht nehmen, wen eigentlich dann. Long story short, ich hatte für einige Zeit eine halbe Stelle in einem Forschungsprojekt. Diese wurde, wie ich erstaunt zur Kenntnis nahm, im Rahmen eines bundesweiten Großprojekts zum Einsatz von neuen Medien an Unis finanziert, welches wiederum aus einem einskommairgendwas-Prozentanteil der UMTS-Lizenzversteigerungserlöse stammte, die für Bildung und Wissenschaft verplant wurden. Die folgenden Monate kriegte ich also Geld aus einem Hundert-Milliarden-Topf, den ein paar freundliche Mobilfunkprovider vorher dem Finanzminister anreichten, und ich fühlte mich ganz wohl dabei.
Für alles Folgende bitte ich zu bedenken: wir hatten 2003. Das Internet war Neuland, und ein 768K-DSL schnell. Im Übrigen erstaunt es mich aber, wie weit einige Problemfelder von damals heute praktisch unverändert problematisch sind, auf der anderen Seite gibts interessante Unterschiede, soweit ich das mit meiner heute nur noch bedingt beteiligten Perspektive an zeitgemäßer Didaktik einschätzen kann. Und ich meine das meiste weder böse noch zynisch.
Das Ganze fing etwas skurril an. In der ersten Woche richteten wir uns ein, nahmen erste Kontakte zu den beteiligten Instituten auf, recherchierten ähnliche Projekte mit ggf. für uns relevanten Learnings usw. (zu dem Zeitpunkt hatten eine Reihe von US-Hochschulen auch schon Notebook-Pilotprojekte gemacht) und in besagter erster Woche, wo uns weitgehend unklar war, was mit den Notebooks denn nun konkret gelernt werden sollte, kam ich heim, fand mein Studi-Krankenkassenmagazin im Briefkasten und drin ein Artikel, dass ich wohl an einer der zwanzig coolsten Unis Deutschlands arbeiten würde, denn da gäbe es jetzt Notebooks und WLAN, und damit werde alles viel besser, effizienter und überhaupt speerspitzenmäßigst fortschrittlich. Ich kam am nächsten Tag an und verkündete, wir könnten die Arbeit einstellen, selbst die Krankenkassen wüssten bereits, was bei unserem Projekt rauskommen wird.
Software für den Seminarraum, state of the art
Nein, wir arbeiteten trotzdem weiter. Einmal mehr: es waren andere Zeiten und noch nicht lange her, dass es Leute störte, wenn ich mit dem Laptop im Seminar saß, falls ich Protokoll hatte (…das tippen!!) und wir mit SPSS für DOS statistische Auswertungen machten (auch wenn es ein Tutorium gegeben haben soll, wo eine illegale Windowsversion kursierte). Wir hatten Notebookseminare bei Architekten, Pädagogen, Luft/Raumfahrttechnikern, Softwaretechnikern und noch ein paar weiteren, und wer sagt, wie jetzt, Softwaretechnik ohne Rechner?, dem sag ich ja, so war das damals, wir hatten Rechnerräume. Weiterlesen →